"Elefantenrunde": Hofer und Lugner hätten Regierung entlassen

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Beim Aufeinandertreffen der Präsidentschafts-Kandidaten wurden die Machtambitionen mancher Bewerber deutlich. Auch ein Englischtest war zu bestehen.

Der scheidende Bundespräsident Heinz Fischer blickt mit Argwohn auf den laufenden Hofburg-Wahlkampf. Es sind die „Allmachtsfantasien“ seiner möglichen Nachfolger, die Diskussionen über die Auflösung des Nationalrats und die Entlassung der Regierung, die Fischer stören. Auch Verfassungsjuristen pflichten ihm bei. Theo Öhlinger nennt Gedankenspiele über die Entlassung der Regierung oder die Auflösung des Nationalrates etwa „Machtfantasien, die keinen realen Hintergrund haben“. Denn das Amt des Staatsoberhauptes sei zwar „kein ganz schwaches“, aber „auf keinen Fall ein starkes Amt“.

Doch die Hofburg-Kandidaten scheinen sich davon nicht beirren zu lassen und zeigten bei der „Elefantenrunde“, die am Sonntagabend auf Puls 4 stattfand, wie sie die Rolle eines starken Bundespräsidenten sehen. Schon bei der ersten Frage „Hätten Sie die Regierung im vergangenen Jahr entlassen?“ zückten zwei der sechs Kandidaten ihr „Ja“-Taferl – Baumeister Richard Lugner und FPÖ-Kandidat Norbert Hofer. Letzterer hätte die Regierung wegen angeblicher Rechtsbrüche in der Flüchtlingskrise entlassen. Und damit auch gleich einen seiner Konkurrenten, SPÖ-Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer, damals Sozialminister. „Ich habe ihn sehr gern, hätte es aber trotzdem machen müssen“, sagte Hofer in Richtung Hundstorfer. Der konterte: „Sie lösen kein Problem, Sie sind jemand der Konflikte schürt.

Auch bei der zweiten Fragerunde wurden zwei „Ja“-Taferl gezückt. Denn Richard Lugner und Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen würden nicht automatisch der stärksten Partei den Regierungsauftrag geben. Van der Bellen sieht den Wählerwillen bei einer solchen Entscheidung „nicht gefährdet“. Die stärkste Partei hätte nämlich immer noch weniger Sitze als alle anderen Parteien zusammen. Die FPÖ würde er nicht mit der Regierungsbildung beauftragen, da sie die EU auflösen wolle. Norbert Hofer, der wohl der aktivste Diskutant war und sich deshalb auch der Zustimmung der Zuseher sicher sein konnte, war der Meinung, dass Van der Bellen die FPÖ selbst bei über 50 Prozent nicht mit der Regierungsbildung beauftragen würde. Im Gegensatz zu ihm: „Ich würde das, wenn die Grünen stärkste Partei wären – was eher unwahrscheinlich ist – tun“, sagt Hofer.

„Steigbügelhalter für FPÖ“

Für Hundstorfer ist Van der Bellen durch diese Position „ein Steigbügelhalter für diese Partei“ (für die FPÖ, Anm.). Der Bundespräsident dürfe nicht nach persönlicher Befindlichkeit handeln. ÖVP-Kandidat Andreas Khol hält all diese Ankündigungen für „Machtphantastereien von Menschen, die noch nie Regierungsverantwortung getragen haben“ und versucht damit, seine politische Erfahrung, mit der er auch im Wahlkampf wirbt, zu betonen.

Schon am Vormittag, in der ORF-“Pressestunde“, zu der die unabhängigen Kandidatin Irmgard Griss und Lugner geladen waren, erfuhr man, dass Griss zwar eine FPÖ-Regierung angeloben würden, aber nichts von einem fliegenden Koalitionswechsel hält. Lugner würde gar versuchen, eine weitere rot-schwarze Regierung verhindern.

Englischtest für Kandidaten

Abseits der Machtfrage mussten die Kandidaten bei der „Elefantenrunde“ vor allem ihre Eignung für die internationale Bühne unter Beweis stellen. Zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP mussten die sechs Hofburg-Kandidaten kurzerhand auf Englisch Stellung nehmen. Dabei konnte unter anderem Van der Bellen punkten, Hundstorfer versuchte, sich so kurz wie möglich zu halten, und Lugner kämpfte sichtlich. Diskutiert wurde auch über den Türkei-Deal der EU, eine EU-Armee sowie über das umstrittene Abdullah-Zentrum (das nur Hofer zusperren würde).

Als unabhängig wollen sich übrigens alle Kandidaten verstanden wissen – im Amt würden sie das jedenfalls sein. Selbst als Feminist(in) sehen sich mit Ausnahme von FPÖ-Kandidat Hofer alle („Ich bin weder Feminist noch Macho.“ Und: "Ich bügle auch."). Khol findet allerdings, dass „manche Auswüchse“ des Feminismus zu weit gegangen seien, so sei die Ehe "disqualifiziert" worden. Griss hält Frauen vor allem bei der Präsidentschaftswahl für unterrepräsentiert. Und holt sich damit Lob von Konkurrent Van der Bellen („Good point“).
Apropos Lob: Auch wenn nicht alle Kandidaten das TV-Publikum überzeugt haben dürften, gelang es zumindest bei den Anhängern im Studio. Der Sohn von Irmgard Griss und die Frauen von Hundstorfer, Khol und Lugner waren begeistert.

Bei den Zusehern konnten, zumindest laut einer OGM-Umfrage unter 500 von ihnen, am Ende Hofer mit 26 Prozent und Griss mit 24 Prozent am meisten punkten. Bei der Frage, wer Österreich am besten am internationalen Parkett vertreten würde, lag Griss wiederum knapp vor Hofer. Besonders bürgernah wurden in der Befragung Hofer und Hundstorfer eingeschätzt. Letzter bei allen Fragen wurde Lugner, Vorletzter Khol. „Eine Challenge für mich, die Performance noch zu verbessern“, wie der ÖVP-Kandidat meinte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2016)

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