Frankreich: Gesetz gegen Verschlüsselung

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In Paris ist ein Gesetz in Planung, das Firmen zur Entschlüsselung von Nutzerdaten zwingt. Bei einer Weigerung drohen dem Management bis zu fünf Jahre Haft.

Paris. Apple gegen FBI – das war der Kampf, den die ganze Welt wochenlang verfolgte. Die US-Bundespolizei wollte vom iPhone-Hersteller technische Hilfe, um das Handy eines vermeintlichen Terroristen zu knacken. Apple weigerte sich, am Ende fand das FBI eine Privatfirma aus Israel, die ihr beim Hacken hilft.

In Frankreich könnte in Zukunft eine Weigerung zur Mithilfe mit einer Haftstrafe für Apples CEO, Tim Cook, enden. Denn still und heimlich hat das Unterhaus in Paris kürzlich mit 474 zu 32 Stimmen in erster Lesung einen Gesetzesvorschlag verabschiedet, der dem Staat in solchen Fällen wie in den USA weitreichende Mittel in die Hand gibt: Hilft eine Technikfirma nicht aktiv bei der Entschlüsselung von Daten mit, drohen ihr nicht nur Geldstrafen bis zu 350.000 Euro. Das Management wird auch persönlich verantwortlich gemacht: Unwillige Firmenchefs werden in dem Gesetzentwurf mit Gefängnis von bis zu fünf Jahren bedroht.

Auch WhatsApp verschlüsselt

Die Initiative in der Nationalversammlung kommt deshalb so überraschend, weil die französische Regierung erst Anfang Jänner einen Vorschlag mit einer ähnlicher Stoßrichtung abgelehnt hatte. Damals sollten Technikfirmen dazu verpflichtet werden, in ihre Handys und Programme Hintertüren einzubauen, um der Exekutive und Terrorfahndern so Zugriff auf die verschlüsselten Daten von Verdächtigen zu garantieren. Weigert sich eine Firma, solch eine Hintertür einzubauen, hätte sie ihre Produkte nicht in Frankreich verkaufen dürfen.

Die für digitale Fragen zuständige Staatssekretärin, Axelle Lemaire, meinte damals, Verschlüsselungstechnologie müsse geschützt bleiben. Mit einer Hintertür würde man auch Akteuren „mit weniger lobenswerten Absichten“ eine Möglichkeit geben, verschlüsselte Daten zu knacken.

Mit dem neuen Entwurf wolle man vor allem Smartphonehersteller zwingen, „Ermittlern Daten bereitzustellen. Es wird Aufgabe des Herstellers sein, diejenige Technik einzusetzen, die dafür erforderlich ist“, sagte Philippe Goujon von den Republikanern, einer der Initiatoren des Gesetzesentwurfs, der Agentur Bloomberg. „Das Ziel ist, dass sie kooperieren. Es geht nicht darum, Verschlüsselung zu schwächen.“

Die Frage freilich ist, ob die Firmen überhaupt kooperieren können. Apple erklärte, nachträglich keine Änderung an dem Programm des iPhone vornehmen zu können, das bei zehn falschen Codes die Festplatte löscht. Auch der beliebte Kommunikationsdienst WhatsApp will künftig alle Nachrichten derart verschlüsseln, dass nur noch Sender und Empfänger den Inhalt lesen können. „Niemand kann in diese Nachrichten schauen, nicht einmal wir“, schrieb das zu Facebook gehörende Unternehmen auf seinem Blog. WhatsApp-Mitgründer Jan Koum führte auch persönliche Motive für den Schritt an: „Ich bin während der Herrschaft der Kommunisten in der Sowjetunion aufgewachsen, und die Tatsache, dass Menschen nicht frei sprechen konnten, ist einer der Gründe, warum meine Familie nach Amerika ausgewandert ist.“

WhatsApp ist nicht das erste und zweifellos nicht das letzte Internetunternehmen, das mit einer Verschlüsselung auf Hacker und Zugriffe von Regierungen antwortet. Die Exekutive sieht dadurch ihre Möglichkeiten gefährdet, Terroristen zu finden oder Anschläge zu verhindern.

In Frankreich muss der Gesetzesvorschlag nun noch den Senat passieren. Anschließend wird er erneut in der Nationalversammlung debattiert. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2016)

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