Ein Streit um das künftige Regierungspersonal hätte den künftigen ukrainischen Premier Groisman fast verhindert. Seine Wahl im Parlament ist nicht sicher.
In der Ukraine droht die Wahl des Nachfolgers von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk zu platzen. Der Wunschkandidat von Präsident Petro Poroschenko, Wolodimir Groisman, drohte nach Angaben von Abgeordneten mit einer Absage, nachdem es Streit um seine Regierungsmannschaft gegeben hatte. Zwar konnte Groisman den Angaben zufolge am Dienstag doch überzeugt werden.
Es ist jedoch nicht sicher, ob er im Parlament überhaupt die notwendige Mehrheit bekommt. Groisman hatte am Montagnachmittag noch verkündet, dass er das Amt annehmen will. Er sei gut für den Posten geeignet, "weil ich 24 Stunden am Tag arbeiten kann", sagte der bisherige Parlamentspräsident. Bei einem Treffen der Präsidentenpartei am Abend gab es nach Angaben von Abgeordneten dann jedoch Streit um die Besetzung der Kabinettsposten. Groisman lehnte demnach mehrere Kandidaten ab.
Wechsel im Finanzministerium
Die für die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern zuständige ukrainische Finanzministerin Natalja Jaresko wird Abgeordneten zufolge der künftigen Regierung des krisengeschüttelten Landes nicht mehr angehören. Ihre Nachfolge trete vermutlich der frühere Investment-Manager Oleksandr Daniljuk an, sagten am Dienstag mehrere Parlamentsmitglieder übereinstimmend.
Der 40-jährige Daniljuk ist der stellvertretende Chef von Poroschenkos Präsidialverwaltung. Seine Ernennung könnte unter Reformkräften Besorgnis auslösen, zumal bereits mit Wolodimir Groisman ein Vertrauter des Präsidenten als Nachfolger Jazenjuks gehandelt wird.
Wie der Parteivertreter Sergej Leschtschenko sagte, wurde schließlich ein Kabinett zusammengestellt, in dem Groisman "erheblichen Einfluss, aber nicht die volle Kontrolle haben wird".
Das Parlament muss am Dienstag nun zunächst über die Entlassung Jazenjuks entscheiden. Die Annahme seines Rücktritts gilt als sicher. Ob Groisman die notwendige Mehrheit bekommt, ist allerdings unklar.
Zustimmung von Kleinparteien notwendig
Der 38-Jährige gilt als geschickter Brückenbauer und strebt eine enge Bindung der Ukraine an die EU an. Für seine Wahl bräuchte er Stimmen der Partei von Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und anderer proeuropäischer Kleinparteien. Sie verlangten für ihre Unterstützung einflussreiche Posten im künftigen Kabinett.
Jazenjuk hatte am Sonntag seinen Rücktritt verkündet und damit die Konsequenzen aus einer monatelangen Regierungskrise gezogen. Mitte Februar hatte er trotz einer Rücktrittsaufforderung durch Poroschenko noch ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden. Allerdings war seine Regierungskoalition danach zerbrochen.
Jazenjuks Partei war bei der Wahl im Oktober 2015 zur zweitstärksten Kraft im ukrainischen Parlament geworden. In Umfragen liegt sie derzeit aber nur bei zwei Prozent, viele Wähler sind unzufrieden mit der schlechten wirtschaftlichen Lage und der anhaltenden Korruption.
(APA/AFP)