Bootsunglück: Hunderte Tote im Mittelmeer befürchtet

Bilder wie diese zeigen sich der italienischen Küstenwache zuletzt wieder häufiger.
Bilder wie diese zeigen sich der italienischen Küstenwache zuletzt wieder häufiger.APA/AFP/STR
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Mehrere Boote mit Flüchtlingen sollen auf dem Weg von Ägypten nach Italien gekentert sein, heißt es in italienischen Medien. Der italienische Präsident spricht von einer "Tragödie".

Im Mittelmeer hat es nach Angaben Italiens viele Tote bei einem Unglück mit Flüchtlingsbooten gegeben. Es habe sich eine Tragödie auf See ereignet, bei der offenbar mehrere Hundert Menschen ums Leben gekommen seien, sagte Präsident Sergio Mattarella am Montag.

Konkrete Opferzahlen und ein genauer Hergang waren zunächst nicht bekannt. In italienischen Medien hieß es unter Berufung auf den arabischsprachigen Dienst der BBC, mehrere Boote mit überwiegend ostafrikanischen Schutzsuchenden seien vor der Küste Ägyptens gekentert. Dabei seien bis zu 400 Menschen gestorben.

"Viele Somalis ums Leben gekommen"

Der somalische Regierungssprecher Abdisalan Aato sagte der Deutschen Presse-Agentur in der Hauptstadt Mogadischu, auf den Booten hätten sich rund 500 Migranten befunden. "Unseren Informationen zufolge sind viele Somalis in dieser Tragödie ums Leben gekommen."

Aato sagte weiter, ungefähr 200 der Bootsinsassen stammten aus Somalia und der autonomen Region Somaliland. "Dieser Unfall, bei dem viele unserer jungen Männer Berichten zufolge ums Leben kamen, hat uns sehr schockiert", betonte der Präsident Somalilands, Ahmed Mohamed Mohamud Silanyo, in einer Mitteilung. Nach lokalen Medienberichten überlebten nur 23 Migranten das Unglück.

Noch wenig Information

Wo exakt sich die Katastrophe ereignet hat, war zunächst nicht klar. Auch zu den genauen Umständen des Unglücks gab es keine präzisen Angaben.

Frontex-Sprecherin Izabella Cooper konnte keine Angaben zu dem Vorfall machen. Die EU-Grenzschutzagentur sei nicht beteiligt gewesen und habe weder Zahlen noch eine offizielle Bestätigung. Auch die italienischen und griechischen Küstenwachen konnte auf Anfrage zunächst keine Angaben zu dem Unglück machen. Ein Sprecher der UNO-Flüchtlingsbehörde UNHCR in Genf sagte, man versuche derzeit mehr Informationen zu bekommen.

Nachdem Mazedonien die Grenze zu Griechenland geschlossen hatte, gilt die Landroute über den Westbalkan für Flüchtlinge als unüberwindbar. Dementprechend weichen viele Menschen wieder auf die weitaus gefährlichere Bootsstrecke über das Mittelmeer aus.

Die neuerliche Tragödie kommt auf den Tag genau ein Jahr nach dem Sinken eines Fischkutters vor der libyschen Küste, das bis zu 800 Todesopfer forderte. Erst am Montag gaben die italienischen Behörden bekannt, das Wrack geborgen zu haben.

Tote vor Libyen entdeckt

Für die italienische Küstenwache, die EU-Grenzschutzagentur Frontex und mehrere NGO-Schiffe bedeutet dies in den den letzten Wochen wieder vermehrt Einsätze auf hoher See. In einem Schlauchboot vor der Küste Libyens sind am Montag sechs Leichen gefunden worden. Das Boot wurde nach Angaben vom Montag von der italienischen Küstenwache geborgen, 108 Menschen kopnnten vom Schiff "Aquaris" in Sicherheit gebracht werden. 21 Personen gelten noch als vermisst.

Zwei Migranten sollen während der Rettungsphase ins Wasser gefallen und ertrunken sein. Ein dritter Flüchtling konnte noch gerettet werden, berichtete die Menschenrechtsorganisation "Sos Mediterranee", die sich mit dem Schiff "Aquarius" an Rettungsaktionen unter Regie der italienischen Küstenwache im Mittelmeer beteiligt. Die geretteten Migranten stammen mehrheitlich aus Gambia, Guinea Bissau, Cote d'Ivoire, Togo und Nigeria. Die Rettungsaktion wurde von der rauen See und von zwei Meter hohen Wellen erschwert.

Weitere 33 Migranten waren bereits am Sonntag im Rahmen einer weiteren Rettungsaktion vor der Küste der sizilianischen Stadt Syrakus in Sicherheit gebracht worden, teilte die Küstenwache mit.

Italien mit deutlich mehr Flüchtlingen

Seit Jahresbeginn sind 24.090 Flüchtlinge in Italien eingetroffen, das sind 25 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2015, wie das italienische Innenministerium am Freitag mitteilte.

Die meisten Migranten in Italien stammten dieses Jahr aus Nigeria (3.443), gefolgt von Gambia (2.363), Somalia (2.018), Guinea, Cote d"Ivoire und Senegal. Die meisten Migranten trafen in den sizilianischen Häfen von Augusta (4.574 Personen) und Pozzallo (4.319), und auf Lampedusa (3.071) ein.

Thema bei Außenminister-Treffen

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat das Migrationsthema als Schwerpunkt des Außenministerrats in Luxemburg bezeichnet. Vor Beginn des Treffens am Montag erinnerte Mogherini an das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer vor genau einem Jahr mit mehr als 800 Toten. In diesem abgelaufenen Jahr sei sehr viel geschehen, "aber es bleibt noch eine Menge zu tun".

Schließlich sei die Lage in Libyen ein weiterer Schwerpunkt des EU-Außenrats. Von dort starten die meisten Boote in Richtung Italien. Dabei werde es am Abend zu einem gemeinsamen Treffen von Außen- und Verteidigungsministern kommen. Die EU-Unterstützung müsse sich für das libysche Volk auf wirtschaftliche, politische und Sicherheitsinteressen erstrecken.

(APA)

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