Fall Alijew: Wie die Kasachen Druck ausübten

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Im Vorjahr schikanierte Kasachstan österreichische Firmen. Ihren Höhepunkt erreichte die Aufregung im September 2008.

Wien (maf, mac, cu). Die Affäre um den kasachischen Exbotschafter Rachat Alijew hat nicht nur zu diplomatischen Verstimmungen geführt. Im Vorjahr wurden plötzlich österreichischen Firmen in Kasachstan bürokratische Hürden in den Weg gelegt. Österreich schaltete schließlich die EU-Partnerstaaten und die EU-Kommission ein, um die Situation zu bereinigen.

„Man hat schon gemerkt, dass es Animositäten gibt“, sagt der Personalberater Othmar Hill, der eine eigene Niederlassung in Kasachstan unterhält. Öffentliche Aufträge seien nicht mehr so leicht zu bekommen gewesen.

Ihren Höhepunkt erreichte die Aufregung im September 2008. Damals versuchten kasachische Agenten, einen Gefolgsmann Alijews, den Ex-Geheimdienstchef Alnur Musajew, in Wien zu entführen. Die Täter hatten Kontakt zu einem Mitarbeiter der kasachischen Botschaft. Österreichs Außenamt legte Kasachstan daraufhin nahe, den Diplomaten abzuziehen. Was dann auch geschah.

Heute sind die Folgen der Spionageaffäre kaum noch zu spüren, weder diplomatisch noch wirtschaftlich. „Das interessiert in Kasachstan keinen Menschen“, sagt Strabag-Sprecher Christian Ebner. Der Baukonzern hat nach dem Platzen der Immobilienblase nur noch ein kleines Büro im Land. Auch bei OMV und Raiffeisen International ist der Tenor ähnlich.

Gespräche mit Gusenbauer

Generell ist der Außenhandel mit dem asiatischen Land derzeit eher gering. Gerade einmal 0,2Prozent aller Exporte gehen dorthin. Aber: Kasachstan gilt als Markt der Zukunft. Angelockt werden Firmen vor allem vom Rohstoffreichtum Kasachstans. So exploriert der Mineralölkonzern OMV über die rumänische Tochter Petrom etliche Ölfelder im Land. Auch für das von der OMV geführte Nabucco-Konsortium sind die 1,8 Trillionen Kubikmeter Erdgas an gesicherten Reserven interessant. In den kommenden Jahren dürfte davon jedoch nichts in der geplanten Pipeline nach Europa landen, hat sich Moskau doch erst kürzlich die Exklusivrechte dafür gesichert.

Um die Auslieferung Alijews zu erreichen, setzte Kasachstan auch auf höchster Ebene an. Am 30.Mai 2007 meldete sich der kasachische Premier Massimow deshalb bei Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Zwei Tage später nahm die österreichische Polizei den per Interpol gesuchten Alijew fest. Er kam gegen eine Kaution von einer Million Euro frei. Im August lehnte das Wiener Landesgericht eine Auslieferung Alijews nach Kasachstan ab, weil er dort keinen fairen Prozess erwarten könne.

Das Urteil wollten die Kasachen zunächst nicht akzeptieren. Ende September 2007 sprach Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew die Causa Alijew in New York am Rande der UN-Generalversammlung bei Gusenbauer an. In dem Gespräch ging es auch um wirtschaftliche Beziehungen. Gusenbauer verwies freundlich auf die Unabhängigkeit der Justiz.

Auf Beamtenebene versuchten die Kasachen mit allen Mitteln, den Aufenthaltsort Alijews herauszufinden. Nasarbajews Schwiegersohn hatte sich nach seiner Freilassung in ein Domizil nach Griechenland abgesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2009)

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