Brigitte Kowanz: „Spaziergang ist das keiner“

(c) Spiegler
  • Drucken

Brigitte Kowanz erhielt am Sonntag in Salzburg höchste Künstlerinnen-Ehren. „Die Presse“ traf sie vor der Verleihung in ihrer Galerie.

More light“ leuchtet es neben Brigitte Kowanz an der Wand. Und es ist tatsächlich ein strahlend sonniger Vormittag, an dem ihr Salzburger Galerist Nikolaus Ruzicska einige ihrer neueren Arbeiten aufgehängt hat und seiner Künstlerin zu Ehren einen kleinen Empfang gibt. Eine kleine Runde von Museumsdirektoren und Kulturpolitikern schlendert durch die konzeptuellen Neonschrift-Lichtarbeiten der 1957 geborenen Wiener Künstlerin. In nur wenigen Stunden wird Kowanz der Kulturministerin wieder die Hand schütteln, dann offiziell, wenn diese ihr im Haus für Mozart den Österreichischen Staatspreis verleihen wird. Sie sei überrascht gewesen, habe sich aber sehr gefreut über die Ehre, gibt Kowanz freundlich Auskunft. Natürlich.

„Arise“ entziffert man in gekrümmter Schreibschrift in einer Spiegelbox am Boden. Hans Hollein blickt kurz zur Türe herein, grüßt seine neue Kollegin – er ist der Präsident des Kunstsenats, in den alle Staatspreisträger aufgenommen werden. Von außen wirkt das Gremium oft wie ein schweigender Klub alter Herren. Ein falscher Eindruck, meint Kowanz diplomatisch, im Hintergrund würde sehr wohl die Politik beraten, wie es die Aufgabe sei. Was sie der Ministerin gleich als Erstes einmal raten würde? Das will Kowanz nicht verraten. Auch die Verleihung selbst werde sie, nach einigem Überlegen, nicht für eine politische Botschaft nützen. „Danke werde ich sagen.“

„Die verschlüsselte Nachricht dieses Schriftbands bezeichnet das Zustandekommen seiner Form“, steht in ihrem neuesten Objekt. Nach jedem „l“ knickt der Satz nach links, nach jedem „r“ nach rechts. Nein, politisch sind ihre Arbeiten eigentlich nicht. „Jedenfalls nicht vordergründig“, sagt Kowanz und lächelt still. Jetzt würde man gern einmal hinter den Spiegel blicken können, in den Kopf dieser sympathischen, zurückhaltenden, immer freundlichen Künstlerin. Sie ist die Meisterin der stillen Meisterschaft, eine seit Jahrzehnten konsequent an Schrift und Licht und seiner Theorie Arbeitenden, die sich nie Skandale leistete, über die keiner schnell eine Anekdote, eine Schrulle, ja, vielleicht eine peinliche Eitelkeit weiß.

Geprägt von Weibel, Beuys

Dementsprechend schwer fiel es auch Edelbert Köb, Direktor des Wiener Mumok, gesteht er, eine persönliche Laudatio vorzubereiten. Nächstes Jahr zeigt er in seinem Haus eine große Kowanz-Ausstellung mit neuen Arbeiten und Referenzwerken. Peter Weibel habe sie sehr geprägt, erzählt Kowanz, aber auch die Beschäftigung mit Beuys.

Valie Export schaut vorbei, gratuliert strahlend. Sie wurde noch nicht nominiert für die größte Ehre, die dieses Land Künstlern erweisen kann. Überhaupt sind Frauen spärlich gesät in dieser zum Teil etwas unmotivierten Liste. Kowanz ist erst die neunte in der 59-jährigen Geschichte des Preises – und erst die zweite bildende Künstlerin. Maria Lassnig war es, die ihr 1988 voranging. Vor 14Jahren bekam mit der Schriftstellerin Ilse Aichinger zuletzt eine Frau den Staatspreis.

Dass diese Quote eine bessere wird, dafür will Kowanz sich jedenfalls einsetzen. Bis heute, sagt sie, werden Künstlerinnen auf dem Weg nach oben sukzessive ausgesiebt, bis sie an die „gläserne Decke“ stoßen. „Spaziergang ist das keiner“, gibt sie ihren Studierenden dann mit auf den Weg in ein Künstlerleben in Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.