Front gegen Südtirol-Referendum

Martin Graf
Martin Graf(c) APA (Robert Jaeger)
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Der Dritte Nationalratspräsident sorgt für neue Rücktrittsaufrufe: In der „Presse am Sonntag“ forderte er eine Volksabstimmung über die Rückkehr Südtirols zu Österreich.

Es war eine breite Front der Ablehnung, auf die der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) mit seiner Forderung traf, eine Volksabstimmung über die Rückkehr Südtirols zu Österreich abzuhalten. Zuvörderst in Südtirol selbst: Landeshauptmann Luis Durnwalder meinte, Grafs Vorstoß in der „Presse am Sonntag“ sei „unrealistisch und unverantwortlich“. Eine Verschiebung der Grenzen sei in der heutigen Zeit „schlicht nicht möglich“. Fände eine solche Abstimmung heute statt, wäre eine Mehrheit der Südtiroler im Übrigen für den derzeitigen Autonomie-Status, wurde Durnwalder im ORF zitiert.

Auch sein Innsbrucker Pendant Günther Platter (ÖVP) erteilte derartigen Ideen in einer schriftlichen Stellungnahme eine klare Absage: „Die Aussagen von Herrn Graf sind nicht nur unüberlegt, sondern auch unrealistisch“. Die Zusammenarbeit zwischen Tirol und Südtirol sei so gut wie noch nie.

Spindelegger: „Am falschen Dampfer“

Eine klare Absage kam freilich auch von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP): „Wer glaubt, mit Konzepten von gestern Probleme von morgen lösen zu können, ist am falschen Dampfer.“ Der Südtiroler Autonomiestatus habe sich bewährt und sei heute europaweit ein Vorbild. Österreich fülle seine Schutzfunktion voll aus. Im Übrigen sei es „zumindest erstaunlich“, dass die Forderungen ausgerechnet von einer Partei kämen, die immer noch grundsätzliche Probleme habe, die im Staatsvertrag verbrieften Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheit in Österreich zu akzeptieren.

Graf hatte in dem Interview gemeint, Südtirol sei „derzeit“ italienisches Territorium. Er glaube aber fest an das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das den Südtirolern seit dem Ersten Weltkrieg vorenthalten werde: „Wenn sich dadurch Grenzverschiebungen ergeben, weil es die Bevölkerung will, dann sehe ich in Zeiten wie diesen keine Veranlassung, dem nicht nachzukommen.“

Der frühere Nationalratspräsident Andreas Khol, selbst Tiroler, findet es im Gespräch mit der „Presse“ „absolut legitim, die Frage des Selbstbestimmungsrechts zu diskutieren“, kritisiert aber den Zeitpunkt von Grafs Initiative: „Der italienische Staat respektiert die Rechte der Minderheit und ist finanziell absolut großzügig. Es gibt keinen Grund, an dieser Situation etwas zu ändern.“ Würden jedoch die Minderheitenrechte mit Füßen getreten und ertönte dann in der Bevölkerung der Ruf nach Selbstbestimmung, könne man die Frage prüfen. Derzeit sei die Selbstbestimmung aber nicht mehrheitsfähig. Graf legte er den Rücktritt nahe: „Wäre er ein Patriot, würde er zurücktreten, aber das ist seine Entscheidung. Mit dem Amt des Nationalratspräsidenten spielt man nicht.“

Graf bekräftigt seinen Vorstoß

Eine Rücktrittsaufforderung kam auch von SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas, die Grünen forderten die Große Koalition erneut dazu auf, den Weg zur Abwahl Grafs als Nationalratspräsident freizumachen.

Und was sagt Graf selbst zu dem Aufruhr, den seine Aussagen hervorgerufen haben? „Offenbar kommt es hier zu reflexartigen Rücktrittsaufforderungen, für die schon das Auffinden des Namens Graf in einer Zeitungs-Überschrift ausreicht.“ Inhaltlich bekräftigt er seine Aussagen: Nach Etablierung der Autonomie sei nun der Zeitpunkt gekommen, „den letzten Schritt zur Aufarbeitung der Südtiroler Geschichte zu setzen.“

Kommentar Seite 23

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2009)

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