Österreichs Wirtschaft wächst. Allerdings nicht jedes Bundesland entwickelte sich 2015 gleich gut. Oberösterreich liegt ganz vorn, die Steiermark bildet das Schlusslicht.
Wien. Österreichs Konjunktur hat sich 2015 erholt. Der stärkere Anstieg der Wirtschaftsleistung ist sowohl der verbesserten Auslands- als auch der wachsenden Inlandsnachfrage zu verdanken.
Allerdings bläst der Aufwind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich stark. Prinzipiell konnten sich industriestarke Bundesländer besser schlagen als jene, deren Wirtschaft vor allem auf den Dienstleistungsbereich konzentriert ist. „Die österreichische Industrie, die an der Wertschöpfung einen Anteil von etwa 20 Prozent aufweist, lieferte 2015 rund ein Drittel des gesamtwirtschaftlichen Wachstums“, sagte Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer am Montag. Oberösterreich wuchs im vergangenen Jahr am stärksten. Um 1,4 Prozent stiegen dort die Wirtschaftsleistungen an. Mit Vorarlberg und Tirol folgen auf den Plätzen zwei und drei weitere Bundesländer, die von der guten Industrieentwicklung profitierten.
Steiermark ist das Schlusslicht
Doch es geht auch umgekehrt: In der Steiermark, Kärnten und Salzburg dämpfte der Sektor die regionale Konjunkturentwicklung. Überraschend schwach hat sich die Steiermark mit einem minimalen Wachstum von 0,1 Prozent 2015 präsentiert. Dabei zählt das südliche Bundesland mit einem Industrieanteil von 27 Prozent zu den Industriehochburgen Österreichs. Der Grund? Der für die Steiermark so wichtige Kfz- und Maschinenbausektor entwickelte sich nur dürftig. Das zeigt sich auch an den sinkenden Beschäftigungszahlen in der Branche. So sind im Fahrzeugbau heute mehr als 2000 Personen weniger beschäftigt als im Jahr zuvor. Allein bei Magna Steyr sind 2015 die Fertigungszahlen um 23 Prozent zurückgegangen, weil die Produktion mehrerer Modelle ausgelaufen ist. 2016 rechnet Magna jedoch mit neuen Aufträgen.
Dynamisch unterwegs ist hingegen das Burgenland mit einem Wachstumsplus von 0,9 Prozent. Während das Bundesland schon in den vergangenen drei Jahren von Firmenansiedlungen wie dem Getränkehersteller Römerquelle profitierte, sorgt nun der Energiesektor, vor allem die zahlreichen Windparks, für einen Schub nach vorn.
Das zeigt sich auch an einem Beschäftigungsplus von 1,2 Prozent. Nur Vorarlberg konnte vergangenes Jahr einen höheren Zuwachs verzeichnen. Gleichzeitig stieg jedoch die Arbeitslosenquote. Sie ist heute um zwei Prozent höher als noch vor vier Jahren. Für den Bank-Austria-Ökonom Walter Pudschedl ist die Erklärung für diese Entwicklung die starke Zunahme des Arbeitskräfteangebots aus dem EU-Ausland: „Vor allem die östlichen Bundesländer sind von diesem Effekt stark betroffen.“
Höchste Arbeitslosenquote in Wien
In Wien gelang es der Industrie erstmals seit 2009 wieder zu wachsen (plus drei Prozent). Die stärksten Impulse für den Anstieg der Wirtschaftsleistungen kamen jedoch – wie auch die Jahre zuvor – aus dem Dienstleistungsbereich. Er ist immer noch für gut 80 Prozent der Wertschöpfung in der Bundeshauptstadt verantwortlich. Doch wie Burgenland kämpft auch Wien mit einem starken Anstieg der Arbeitslosenzahlen. 2015 waren im Schnitt 125.000 Menschen als beschäftigungslos gemeldet. Das entspricht einem Anstieg von 20 Prozent gegenüber 2014. Die Arbeitslosenquote von 13,5 Prozent ist österreichweit mit Abstand die höchste. Und das dürfte sich auch nicht ändern, für 2016 rechnet Pudschedl in Wien bereits mit 14 Prozent.
Sonst schauen die Experten der Bank Austria jedoch optimistisch nach vorn. Das Wirtschaftswachstum werde 2016 von 0,9 auf 1,5 Prozent ansteigen. „Während die Wachstumsimpulse aufgrund der Auslandsnachfrage weitgehend unverändert anhalten werden, verstärken sich infolge der Steuerreform die positiven Akzente für den Dienstleistungsbereich. Zudem sollte die Bauwirtschaft auch wieder besser in Schwung kommen“, sagt Bruckbauer. Und Oberösterreich werde auch weiterhin seine Spitzenposition verteidigen können.
Auf einen Blick
Eine Bank-Austria-Analyse der österreichischen Volkswirtschaft 2015 zeigt, dass Österreichs Wirtschaft wächst. Ein günstigeres Konjunkturumfeld erhöhte 2015 mehrheitlich die Wachstumsdynamik in Österreichs Bundesländern. Oberösterreich liegt im Bundesländervergleich an der Spitze, gefolgt von Vorarlberg und Tirol. Industriestarke Länder wie Oberösterreich, Vorarlberg und Tirol hatten Vorteile gegenüber jenen, die vor allem auf den Dienstleistungssektor konzentriert sind. Für 2016 rechnen die Experten mit einem höheren Wachstum. Positive Impulse dafür werde unter anderem die Steuerreform bringen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2016)