Russlands Wirtschaftsproblem ist ein fatales Dreigespann

File picture shows Rosneft oil storage tanks at the oil-loading terminal in Privodino
File picture shows Rosneft oil storage tanks at the oil-loading terminal in PrivodinoREUTERS
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Die Faktoren, die Russland eine Rezession bescheren, haben sich gegenseitig verstärkt. Am meisten steht sich das Land selbst im Weg.

Optimismus sieht zwar anders aus. Aber zuletzt ging zumindest der Pessimismus hinsichtlich der russischen Wirtschaftsentwicklung zurück. Schon bald könnte Russland die Rezession, die 2015 minus 3,7 Prozent betragen und sich in den Anfangsmonaten 2016 etwas schwächer fortgesetzt hat, hinter sich lassen und auf den Wachstumspfad zurückkehren, meinte diese Woche der Internationale Währungsfonds (IWF): Zwar werde die Konjunktur heuer voraussichtlich weiter schwächeln, aber bereits im kommenden Jahr könnte die Wende geschafft werden.

Gegenseitige Verstärker. Dass Russland nach Jahren des Booms überhaupt in der Rezession gelandet ist, hat drei Gründe. Zum einen den fast schon zweijährigen Ölpreisverfall von zuvor 115 Dollar je Barrel auf zwischenzeitlich unter 28 Dollar, der auch den Rubel mit nach unten riss. Zum anderen die westlichen Sanktionen, auf die Russland mit einem Importstopp für Agrarprodukte reagiert hat und die vor allem wegen des beschränkten Zugangs zum Kapitalmarkt schmerzen. Unabhängig davon aber steckt Russland drittens ohnehin in einer Strukturkrise, da die Produktivität über Jahre mit den Lohnsteigerungen nicht Schritt gehalten hat und keine Voraussetzungen für ein investitionsgetriebenes Wachstumsmodell geschaffen wurden.

Was den Ölpreis betrifft, so hat er sich auf recht zufriedenstellende 48 Dollar erholt und dürfte nun keinen großen Abstürzen mehr ausgesetzt sein.

Was die Sanktionen anlangt, so muss die EU in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffen. Falls nicht alle 28 EU-Mitglieder für eine Verlängerung stimmen, laufen die Strafmaßnahmen Ende Juli aus. Im Unterschied zur letzten Entscheidungsrunde vor einem halben Jahr ist jetzt zumindest eine Lockerung in bestimmten Bereichen nicht mehr ausgeschlossen.

Knackpunkt. Bleibt eigentlich der schwierigste Punkt, und zwar die Reformen, die nur von Russland selbst abhängen. „Mag das Öl auch wieder 100 Dollar kosten, ohne Strukturreformen können wir mit maximal 1,5 bis zwei Prozent wachsen“, sagte niemand Geringerer als Zentralbank-Chefin Elvira Nabiullina kürzlich. Diese Meinung teilt auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die das Land für die Zeit nach der Trendwende 2017 auf ein schwaches Wachstum von etwa zwei Prozent beschränkt sieht, sofern es nicht zu radikalen wirtschaftlichen Umgestaltungen kommt.

Am 25. Mai tagt das Wirtschaftsratspräsidium. Die Hauptaufgabe: Wachstumsquellen finden, damit das BIP mittelfristig wieder um jährlich vier Prozent zulegt. Das sei das, was Russland brauche, so Wladimir Putins oberster Wirtschaftsberater, Andrej Belousow.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2016)

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