Brexit-Debatte: "Auch Hitlers Versuch endete tragisch"

Reuters
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Am 23. Juni stimmen die Briten über den Verbleib in der EU ab. Die Gewerkschaft warnt vor dem Verlust von vier Millionen Jobs. Londons Bürgermeister bemüht einen Hitler-Vergleich.

Der britische Gewerkschaftsbund TUC (Trades Union Congress) hat für den Fall eines "Brexit" vor erheblichen Jobverlusten gewarnt. "Vier Millionen Jobs sind in Gefahr", sagte Owen Tudor, Leiter der Abteilung für Europaangelegenheiten beim TUC, der Deutschen Presse-Agentur in London. Es handle sich vor allem um Jobs in der Exportwirtschaft, zum Beispiel in der Auto- und Chemiebranche.

Weitere Stellen seien in Gefahr, weil der Wirtschaftsstandort Großbritannien durch den Verlust des Zugangs zum EU-Binnenmarkt an Attraktivität verlieren würde. "Wir gehen davon aus, dass die Investitionen aus Drittstaaten sinken werden", sagte Tudor. Die Folge könne ein Abwärtsstrudel sein, der weitere Jobs kostet.

Notenbank warnt vor Risiken

Großbritanniens Notenbank-Gouverneur Mark Carney hat derweil Kritik zurückgewiesen, die Zentralbank habe mit ihrer deutlichen Warnung vor den wirtschaftlichen Folgen eines EU-Austritts gegen ihre Unabhängigkeit verstoßen. Vielmehr sei es die Pflicht der Währungshüter, vor Risiken zu warnen und dann Maßnahmen zu ergreifen, sagte Carney am Sonntag dem Fernsehsender BBC.

Durch solche Erläuterungen würde Risiken verringert. Wenn man ein Risiko ignoriere, passiere genau das nicht. Carney hatte diese Woche davor gewarnt, dass ein Ausstieg aus der EU die Wirtschaft Großbritanniens deutlich schwächen und die Arbeitslosigkeit nach oben treiben könnte. Befürworter des sogenannten Brexits warfen Carney daraufhin vor, parteiisch zu sein und die Märkte zu destabilisieren.

Die Briten stimmen am 23. Juni über den Verbleib in der Europäischen Union ab. Umfragen zufolge liefern sich Befürworter und Gegner eines EU-Ausstiegs ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Regierungschef David Cameron sowie die Vorsitzenden der anderen großen Parteien streben einen Verbleib in der Europäischen Union an. Viele konservative Parteimitglieder wollen das Bündnis dagegen verlassen. Populärster Befürworter eines Brexits ist der frühere Bürgermeister von London, Boris Johnson, der am Sonntag mit einem Hitler-Vergleich für Aufsehen sorgte. Johnson warf der EU vor, einen europäischen Superstaat anzustreben: "Napoleon, Hitler, verschiedene Leute waben das versucht - und es endete tragisch." 

EU-Spitzen verzichten auf London-Reisen

Die Spitzen aller drei EU-Institutionen wollen nach Informationen der "Welt am Sonntag" bis zur Volksabstimmung der Briten nicht mehr nach Großbritannien reisen. Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Parlamentspräsident Martin Schulz wollten nämlich keine Angriffsflächen für die britischen EU-Gegner bilden, hieß es aus ihrem Umfeld.

Bereits am Donnerstag hatte EU-Kommissionspräsident Juncker mit einem deutlichen "Nein" auf die Frage geantwortet, ob er vor dem Referendum noch einmal nach Großbritannien fahren werde. Er begründete dies mit den Worten: "Weil die Europäische Kommission in Großbritannien noch unbeliebter ist als in Deutschland."

(APA/dpa)

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