Der bedrängte venezolanische Staatschef ordnet Militärmanöver an und droht Unternehmen mit Enteignung.
Der venezolanische Präsident Nicolas Maduro verschärft die Gangart im Konflikt mit seinen konservativen Gegnern. Zur Verteidigung seines "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" hat er am Samstag Manöver der Streitkräfte und der Milizen angekündigt. Maduro begründete den Schritt mit Äußerungen des kolumbianischen Ex-Präsidenten Alvaro Uribe, der eine Intervention in Venezuela ins Spiel gebracht habe.
"Uribe hasst Venezuela. Er hat zu einer bewaffneten Intervention ausländischer Streitkräfte auf dieser heiligen Erde aufgerufen", sagte Maduro bei einer Kundgebung von Regierungsanhängern. "Ich ordne für den Samstag Militärübungen an, um uns auf jedes Szenario vorzubereiten." Beobachter sehen in der Ankündigung ein Ablenkungsmanöver des Präsidenten, der wegen der Wirtschaftskrise immer stärker unter Druck gerät. Als weitere öffentlichkeitswirksame Maßnahme kündigte er die Enteignung beziehungsweise Verstaatlichung von Betrieben an, die etwa wegen des Devisenmangels ihre Firmen stilllegen mussten. "Jetzt ist die Stunde gekommen. Wer nicht arbeiten will, soll abhauen", sagte Maduro. "Diese Volk braucht wirtschaftliche Strukturen, die funktionieren. Wenn die Bourgeoisie sie aufgibt, übernimmt sie das Volk. Man müsse jetzt "die Revolution radikalisieren".
Ein Land vor der Ruin
Zuletzt hatte Polar, die größte Privatfirma Venezuelas, ihre Bierproduktion eingestellt, weil sie aus Devisenmangel kein Gerstenmalz mehr importieren konnte. Maduro wirft den Unternehmern hingegen vor, aus ideologischen Gründen einen Wirtschaftskrieg gegen seine sozialistische Regierung zu führen.
Venezuela steht vor dem Ruin. Das Land verfügt über die größten Erdölreserven der Welt, hat aber nach 16 Jahren sozialistischer Regierung mit der höchsten Inflation der Welt, tiefer Rezession und Misswirtschaft zu kämpfen. Vielerorts prägen lange Schlangen und leere Regale das Bild. Anleihen können kaum noch zurückgezahlt werden. Zudem gibt es eine dramatische Stromkrise. Vor ihrem Hintergrund appellierte Maduro an Frauen, auf das Föhnen zu verzichten.
In der Hauptstadt Caracas gingen am Samstag Regierungsanhänger und Regierungsgegner auf die Straße. Die Opposition will Maduro per Referendum absetzen lassen und hat dafür in einem ersten Schritt rund 1,8 Millionen Unterschriften gesammelt. Das Wahlamt ließ am Freitag allerdings eine Frist zur Überprüfung der Listen verstreichen.
Die Bombe tickt
Die Regierungsgegner werfen der Behörde vor, das Verfahren zu verschleppen. "Wenn sie den demokratischen Weg versperren, wissen wir nicht, was passiert", sagte Oppositionsführer Henrique Capriles. "Venezuela ist eine Bombe, die jeden Moment explodieren kann."
Der Chef des Oppositionsbündnisses MUD, Jesús Chuo Torrealba, sagte: "Das Volk geht auf die Straße, und es wird nicht innehalten, bis es eine Volksabstimmung gibt." Torrealba bezeichnete Maduro als "verzweifelten Präsidenten, der sich an den Rand der Legalität und Verfassungsmäßigkeit begibt". Seit dem Sieg der Regierungsgegner bei der Parlamentswahl im Dezember herrscht in dem südamerikanischen Land ein politisches Patt.
Bei der Kundgebung der Sozialisten kündigte Maduro ein Konjunkturpaket an. Angesichts des niedrigen Ölpreises sollen damit andere Industriebereiche gestärkt werden. Erst am Vortag hatte der Staatschef per Dekret den ökonomischen Notstand um 60 Tage verlängert. Seit Mitte Jänner gelten die Maßnahmen, mit denen Lebensmittel und andere Güter rationiert werden können.
(APA/dpa/AFP)