Thiem-Erfolg: Österreichs nächste Sternstunde in Paris

TENNIS - ATP, French Open 2016
TENNIS - ATP, French Open 2016(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Matthias Hauer)
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Österreich hat wieder einen Tennisspieler in den Top Ten der Welt: Dominic Thiem steht nach dem Sieg über David Goffin im Halbfinale des Grand-Slams von Paris.

Paris/Wien. Auf einen „großen Fight“ war Dominic Thiem eingestellt. Er sollte diesbezüglich nicht enttäuscht werden, vom Ergebnis ebenfalls nicht. 4:6, 7:6 (7), 6:4, 6:1 bezwang Österreichs Nummer eins bei den French Open den Belgier David Goffin. Für beide war es das erste Major-Viertelfinale und damit das größte Spiel ihrer bisherigen Karriere. Mit dem Sieg macht Thiem nicht nur den ersten Einzug in ein Grand-Slam-Halbfinale perfekt, der 22-Jährige ist damit auch der dritte Österreicher nach Thomas Muster und Jürgen Melzer in einem Major-Semifinale. Und: Er scheint Montag in der Weltrangliste zumindest auf Platz sieben auf.

Der Sieg gegen Goffin, es ist erst der dritte im achten Duell, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Denn der Belgier, 25, ist ein Spieler, der Thiem nach eigenem Bekunden „nicht liegt“, obwohl er sich auf Sand bessere Chancen ausgerechnet hat als auf schnelleren Belägen wie zuletzt in Melbourne, wo er noch klar unterlegen war. Thiem musste zudem bei regnerischem Wetter und Temperaturen um elf Grad, also langsamen Bedingungen, gegen den Defensivkünstler hohes Risiko gehen. Er haderte ob des hohen Aufwandes für einzelne Punktgewinne und stand bis in den dritten Satz bei eigenem Service meist gehörig unter Druck. „Am Anfang habe ich nicht gewusst, wie ich gegen ihn spielen soll. In den ersten zwei Sätzen war ich der klar unterlegene Spieler“, sollte Thiem nach der Partie erklären.

Goffin gelangen früh in der Partie sechs Games in Folge. Er sicherte sich damit Satz eins und ging im zweiten Durchgang 5:3 in Führung, ehe sich Thiem zurückkämpfte, ein Tiebreak erzwang und dort mit hochklassigen Ballwechseln für ein spielerisches Highlight des Turniers sorgte. Am Ende gewann Thiem im vierten Anlauf seine erstes Tiebreak gegen Goffin.

Auch in Satz drei hatte Thiem trotz Break-Rückstands das bessere Ende für sich. „Ich habe dann begonnen, aggressiver zu spielen. Das war der Schlüssel, dass ich das Match umdrehen konnte“, meinte der Niederösterreicher.

Satz vier war schließlich eine klare Angelegenheit für Thiem. Goffin begann zu zweifeln, der ÖTV-Profi ließ nicht locker, demonstrierte bei jedem Ballwechsel seinen Siegeswillen. In der Endphase gelangen ihm die im Profitennis ungeheure Anzahl von neun Games in Folge. Selbst bei eigenem Service gab es für Goffin nichts mehr zu holen. „Es ist ein bisschen unwirklich“ und „Ich bin unglaublich happy derzeit“, lauteten die ersten Reaktionen des Siegers.

Als dritter Österreicher nach Thomas Muster (zweimal Australian Open, zweimal French Open) und Jürgen Melzer (French Open 2010) steht Thiem bei einem Grand Slam nun im Einzel-Halbfinale. Und schon vor der Partie war klar: Der Sieger rangiert danach zumindest auf Platz acht der Weltrangliste. Weil Topfavorit Novak Djoković den Tschechen Tomas Berdych (ATP-Nr. 8) im zweiten Viertelfinale des Tages erwartungsgemäß besiegt hat (6:3, 7:5, 6:3), ist Thiem am Montag zumindest Siebenter. Der 22-Jährige übertrifft damit das bisher beste Ranking von Melzer (ATP-Nr. 8, April 2011).

30:1 für Djoković

Freilich profitierte Thiem bei seinem Sensationslauf in Paris von der Aufgabe der möglichen Achtel- und Viertelfinalgegner Rafael Nadal (ATP-Nr. 5.) und Jo-Wilfried Tsonga (ATP-Nr. 7), aber selbst die vermeintlich leichteren Matches müssten erst einmal gewonnen werden, meinte Eurosport-Expertin Barbara Schett, die Thiem gar zutraut, Nummer eins der Welt zu werden („Der hat die Schläge, er hat den Kopf“).

Als Belohnung für den neunten Sieg in Folge erwartet den Schützling von Günter Bresnik 500.000 Euro Preisgeld (brutto) – und ein Major-Halbfinale gegen den Weltranglistenersten. Es ist das dritte Duell mit Djoković, Thiem konnte bislang keinen Satz gewinnen. „Er spielt definitiv auf einem anderen Level, ich werde mein Bestes geben, dann sehen wir, was rauskommt“, sagte der Herausforderer. Zum Vergleich: Für den Serben, 29, ist es das 30. Grand-Slam-Semifinale, für Thiem das allererste.

Im zweiten Halbfinale trifft Wien-Teilnehmer Andy Murray (ATP-Nr. 2) auf Titelverteidiger Stan Wawrinka (ATP-Nr. 4).

AUF EINEN BLICK

Dominic Thiem gelang die Sensation bei den French Open in Paris. Erstmals steht er im Halbfinale des Grand Slam, ist damit der dritte Österreicher nach Thomas Muster (1990, 1995) und Jürgen Melzer (2010), der sowohl dieses Kunststück als auch den Einzug in die Top 10 der Welt geschafft hat. Thiem ist ab Montag die Nummer sieben der Welt.

Im Viertelfinale schlug er den 22-jährigen David Goffin (BEL) 4:6, 7:6(7), 6:4, 6:1.

Heutiger Gegner: Novak Djoković (SRB).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2016)

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