Am besten für das Musikland ist: Immer mehr von Haydn

Die Querelen um den Aufführungsort sind zu Ende: Die burgenländischen Haydn-Festspiele bespielen das ganze "Haydn-Land".

Die Geschichten rund um die Verhandlungen über eine mögliche Vertragsverlängerung für die traditionsreichen frühherbstlichen Haydn-Festspiele haben längst den Charakter einer bitterbösen Farce angenommen.

Nun haben die Vertreter des Landes Burgenland und der Stadt Eisenstadt beschlossen, dem Spiel ein Ende zu machen. Als Träger des Vereins, der die Festspiele veranstaltet, gaben sie grünes Licht für eine Neuorientierung. Künftig werden es nicht mehr Eisenstädter Festspiele sein, sondern das ganze „Haydn-Land“ wird mit Musik des Genius Loci bespielt. Die Hauptstadt wird dabei weiterhin eine wichtige Rolle spielen, auch wenn die Betriebsgesellschaft, die das Esterházy-Schloss verwaltet, eine weitere Bespielung des Haydn-Saales durch das Festival mittels erstaunlich kreativer Schikanen unmöglich macht.

Der Bürgermeister der Stadt freut sich vielmehr, dass nun einige weitere historische Orte zum Zug kommen. Joseph Haydn, der gegen Ende seines Lebens ein international hoch verehrter, zuletzt weit gereister Meister war, hat in Wahrheit jahrzehntelang den engeren Umkreis um den Neusiedler See kaum verlassen, war in Fürst Esterházys Diensten groß und – wie er selbst bekannte, gerade dank der Abgeschiedenheit – „original“ geworden.

Eines der Verdienste der von Walter Reicher ausgerichteten Haydn-Festspiele war es, den Fokus von den handverlesenen wenigen Werken, die im internationalen Klassikbetrieb omnipräsent sind, auf die ganze, immense Bandbreite von Haydns Schaffen zu richten. Dabei konnte man sämtliche Symphonien des Meisters hören – von den mehr als 100 überlieferten kennen auch geeichte Konzertbesucher nur einige wenige! –, viel völlig vergessene Kammermusik, vor allem aber auch alle erhaltenen Opern. Die Aufführungen bescherten den interessierten Musikfreunden die Erkenntnis, dass es das Musiktheater war, mit dem sich der notorische „Erfinder des Streichquartetts und der Symphonie“ über lange Jahre mehrheitlich beschäftigt hat!

Die Entdeckerfreude kann nun neue Blüten treiben und wird nach dem Auszug aus dem Haydn-Saal – dessen Existenz übrigens die Konzerte der Haydn-Festspiele ins Bewusstsein gerückt haben! – auch originelle Spielstätten neu erschließen. Das Burgenland ist ja ein „Haydn-Land“; und wenn es gelingt, neben Walter Reichers Erkundungszügen noch ein Spiel im Schloss zu etablieren, das zusätzliche Farben einbringt, wird das den Musikfreunden nur recht sein. Fürs Erste ist ein Imageschaden vom Musikland Österreich abgewendet . . .

E-Mails an:wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2016)

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