Ein Sieg, auf den die Banken gern verzichten

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Damit stehen Österreichs Banken an der Spitze: Seit 2011 müssen sie eine „Solidarabgabe“ zahlen. Seit 2015 zahlen sie doppelt, nämlich auch in einen EU-Fonds. Versuche, die Steuer zu verringern, scheiterten bisher an der SPÖ.

Wien. Es kommt oft blöd. Bei der österreichischen Bankensteuer zum Beispiel. Am Dienstag, den 3. Mai, ließ ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling jedenfalls aufhorchen: Es gebe einen „Entwurf, wie man das lösen kann“. Fixfertig sei dieser Entwurf, fein säuberlich mit den heimischen Banken abgestimmt. Nun müsse nur mehr der Koalitionspartner SPÖ seinen Segen dazu geben. Er, Schelling, rechne mit einer Einigung bis Mitte des Jahres.

Am Montag darauf trat Werner Faymann zurück. Und die Sache wurde in die Schublade befördert. Dort wird sie wohl auch noch länger bleiben – die SPÖ hat bis auf Weiteres andere Sorgen. Womit Österreich bei den Bankensteuern europaweit weiterhin an der Spitze stehen wird.

„Der Höhe nach ist die österreichische Bankenabgabe europameisterlich“, sagt denn auch Michael Christl vom Thinktank Agenda Austria. „Bis zum Jahr 2014 verlangte Österreichs Regierung von den Banken in absoluten Zahlen einen höheren Beitrag als das wirtschaftlich neunmal größere Deutschland.“ In Österreich mussten die Banken jährlich 640 Millionen Euro abliefern, in Deutschland waren es 516 Millionen.

Erst im vergangenen Jahr änderte sich das. Da entstand der EU-Fonds zur Abwicklung von maroden Finanzinstituten, in den die europäischen Banken einzuzahlen haben. Deutsche Institute müssen dafür nun 1,58 Mrd. Euro jährlich berappen – österreichische kommen mit 200 Mio. Euro pro Jahr vergleichsweise günstig davon.

Das große Aber: Während andere europäische Banken ausschließlich Abgaben in den EU-Fonds bezahlen, müssen österreichische immer noch die heimische Bankenabgabe Jahr für Jahr überweisen. Zuzüglich ihres Beitrages zum Einlagensicherungsfonds.

Kostenpunkt: eine Milliarde

In nackten Zahlen ausgedrückt: 640Millionen fallen hierzulande für die Bankensteuer an. Plus 200 Millionen für den Bankenabwicklungsfonds. Plus 160 Millionen für den Einlagensicherungsfonds. Macht in Summe eine Milliarde.

Das tut natürlich weh. Zumal Österreichs Bankenabgabe eine sogenannte Substanzsteuer ist. Sie wird an der Bilanzsumme eines Instituts bemessen – fällt also auch dann an, wenn es Verluste schreibt.

Doch Werner Faymann wollte sie seinerzeit unbedingt. 2011 wurde sie also eingeführt. Der damalige ÖVP-Finanzminister Josef Pröll war zwar anfangs dagegen, gab aber dann in der Hoffnung auf nachhaltigen Koalitionsfrieden nach.

Die Banken waren außer sich. Und wurden nicht müde, mit Zahlen zu argumentieren: Jene österreichischen Banken, die eine Bilanzsumme von mehr als 20 Mrd. Euro haben, seien die am höchsten besteuerten Banken – weltweit. Mit einer Belastung, die 0,17 Prozent des BIPs ausmacht, liege die österreichische Bankensteuer im europäischen Spitzenfeld. Und: 100 Mio. Euro an Mehrbelastung für heimische Banken würden in etwa den Kosten für 1200 Arbeitsplätze und einem Kreditvolumen von 1,3 Mrd. Euro entsprechen. Anders ausgedrückt: Eine Bankenabgabe von 640 Millionen würde nicht vergebene Kredite von 8,3 Mrd. Euro bedeuten – und Kosten von rund 7700 Beschäftigten verschlingen.

Zornig machte naturgemäß auch das Faktum, dass die heimische Bankenabgabe keine Zweckwidmung hat. Sie wird zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet, 40 Prozent der Summe bekommen überhaupt die Bundesländer. Kommentar der Agenda Austria: „Das ist insofern pikant, als eine frühere Landesbank den Steuerzahlern den mit Abstand größten Schaden zufügte.“ Ja, die Hypo.

Ungehörte Argumente

Doch mit den Argumenten stießen die Banken verlässlich auf taube Ohren – auch bei Prölls Nachfolger Michael Spindelegger. Hans Jörg Schelling habe mittlerweile wenigstens das Problem erkannt, heißt es.

Doch die Überzeugungsarbeit ist eine echte Herausforderung. Den Ländern muss gut zugeredet werden, der SPÖ erst recht.

Schelling hat den Banken zuletzt ein Schweigegelübde auferlegt: Die Verhandlungen seien in der Zielgeraden, hieß es, ein falsches Wort – und die gute Stimmung könnte wieder beim Teufel sein.

Tatsächlich hat sich die Nationalbank zuletzt wiederholt kritisch zur Bankenabgabe geäußert. Und auch in der SPÖ scheint es zu einem zaghaften Umdenken gekommen zu sein. Nicht zuletzt deshalb, weil Ungarn – bisher europäischer Spitzenreiter bei der Bankensteuer – erste Schritte gesetzt hat.

Das Land hatte die Steuer schon 2010 eingeführt. Anfang 2016 wurde die Belastung in einer ersten Etappe heruntergefahren, für 2017 hat die Regierung weitere Entlastungen angekündigt. Wirtschaftsminister Mihály Varga begründete das so: Die Regierung wolle ein funktionierendes Bankensystem mit „Berechenbarkeit und Vertrauen“ unterstützen.

AUF EINEN BLICK

Die Bankenabgabe wurde in Österreich im Jahr 2011 eingeführt. Zunächst machte sie rund 500 Mio. Euro aus, 2014 wurde sie auf 640 Mio. jährlich erhöht. 2016 hätte sie auslaufen sollen, doch die SPÖ bestand auf einer unbefristeten Verlängerung. Dies, obwohl die Banken seit Mitte 2015 in den EU-Abwicklungsfonds bzw. in die Einlagensicherung einzahlen müssen. Österreichs Bankensteuer war bisher die zweithöchste in Europa. Doch der bisherige Spitzenreiter Ungarn hat seine bereits gesenkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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