Gewaltspiele: Verbot oder Aufklärung?

(c) AP (Matthias Rietschel)
  • Drucken

Sogenannte Gewaltspiele sorgen immer wieder für Debatten bis hin zu rigorosen Verbotsforderungen. In Österreich setzen die öffentlichen Stellen auf Information.

Dieser Tage findet in Köln die Gamescom, vormals Gamesconvention Leipzig, statt. Und einmal mehr müssen sich Spielentwickler und Publisher der bohrenden Thematik „Killerspiele“ stellen. Insbesondere unsere deutschen Nachbarn rufen zu einem regelrechten Feldzug gegen „Spiele, bei denen ein wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung die virtuelle Ausübung von wirklichkeitsnah dargestellten Tötungshandlungen oder anderen grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen“, wie es im Gesetzentwurf gegen Killerspiele heißt, auf. Ziel des Entwurfs ist ein totales Herstellungs- und Verbreitungsverbot. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Gewalt im realen Leben und in Computerspielen aufs Heftigste umstritten. Auch Kinderpsychologen sind nicht unbedingt einer einheitlichen Meinung und debattieren öffentlich über Zensur und Verbote –, die diese Computerspiele nur noch interessanter für die Jugend machen. Mehr noch: Studien zeigen, dass Videospiele auch positive Effekte auf Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit und räumliche Wahrnehmung haben. Ausgerechnet die umstrittenen Ego-Shooter erzielen mit ihren komplexen Aufgabenstellungen die besten Trainingseffekte.

Empfehlungen statt Verbote

Unbeeindruckt von diesen Debatten setzt man in Österreich weiter auf Information und Empfehlungen statt auf Verbote. Maßgeblichen Einfluss hierauf hat die Bundesprüfstelle für Positivprädikatisierung (BUPP), eine Einrichtung des Bundesministeriums, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Computer- und Konsolenspiele nach ihrer Jugendtauglichkeit zu bewerten.

„Ein Verbot von konkreten Spielen und für Computerspiele generell auszusprechen, obliegt letztlich der Verantwortung der Erziehenden. Ein Verbot von staatlicher Seite ist jedoch eine Maßnahme, die sehr tief in verschiedene Grundfreiheiten eingreift, unter anderem letztlich auch in die Freiheit von Eltern“, heißt es auf der Homepage von BUPP.

Vergleich mit Gewaltfilmen

Hans Solar, ehemaliger Spieleredakteur und Lehrgangsleiter am Games College Wien, das künftige Spielentwickler ausbildet, sieht sich nahezu täglich mit der Diskussion konfrontiert: „Mit den sogenannten „Killerspielen“ verhält es sich ähnlich wie mit entsprechenden Action- und Gewaltfilmen: keine echten Waffen, keine echten Toten. Gewalt lernt man nicht aus Medien; eine Neigung oder Bereitschaft zur Gewaltanwendung kommt aus dem soziokulturellen Umfeld. Und natürlich konsumieren gewaltbereite Menschen auch die entsprechenden Filme respektive Spiele“, vertritt der Games-College-Lehrgangsleiter einen Standpunkt, der wohl von der überwiegenden Mehrheit der Gamer-Community geteilt wird.

Dennoch sind viele Eltern ob der (für sie) verstörenden Bilder auf den PC-Bildschirmen ihrer Kinder besorgt. Und es ist unbestritten, dass nicht jedes Spiel für jede Altersgruppe geeignet ist. Daher bieten findige Softwarehersteller Programme an, um die Jüngsten fachgerecht auszuspionieren, sollte sich vielleicht doch das eine oder andere Killerspiel auf die Festplatte verirrt haben. „Kontrolle statt Verbote“ nennt man die Spy-Software beim Security-Spezialisten BitDefener, die Programme „Spy Agent“ und „Orvell Monitoring“, das sogar jeden einzelnen Tastenanschlag aufzeichnen kann, erfüllen ähnliche Zwecke. Software, mit der sich nicht nur nachvollziehen lässt, welche Spiele gespielt wurden, sondern auch, welche Seiten im Internet besucht werden und wie viel Zeit das Kind vor dem Computer verbracht hat – Big Brother lässt grüßen.

Eine Alternative zu totalen Verboten oder totaler Kontrolle sind in jedem Fall klärende Gespräche mit Sohn oder Tochter. Und die bunte Spielewelt bietet schließlich jugendfreien und qualitativ hochwertigen Spielestoff genug, um locker über den Winter zu kommen.

AUF EINEN BLICK

Killerspiele werden wegen ihrer exzessiven Gewaltdarstellung kritisiert. Hauptvorwurf ist die Senkung der Hemmschwelle für reale Gewalt. Der Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und aggressivem Verhalten ist unter Experten umstritten.

In Österreich bietet die Initiative BUPP Beratung und Aufklärung.

www.bupp.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tony Hawk - Ride
Innovationen

Gamescom: Viel für die Muskeln, wenig fürs Hirn

Geistig herausfordernde Titel wie "Heavy Rain" finden sich selten auf der Spielemesse. Die Hersteller setzen stark auf Bewegung und Musikspiele.
Innovationen

Sony macht PlayStation 3 kleiner, leichter und billiger

Zusätzlich zu der Konsole mit Facelift bringt der Konzern gute Nachrichten für Fans von Comics und Musikvideos: Marvel bringt seine Comics auf die PlayStation Portable, der Videodienst Vidzone kommt nach Österreich.
Innovationen

Fable 3: Einmal König spielen dürfen

Im dritten Teil der Fantasy-Saga sollen Spieler die komplette Kontrolle über das Königreich Albion erhalten. "Fable 3" war das einzige Spiel, das Microsoft und Lionhead auf der Gamescom-Pressekonferenz vorstellten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.