Österreich fährt verdient nach Hause

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Drei Spiele, kein Sieg, nur ein Tor – das ist für eine Fußball-EM zu wenig. Soll Marcel Koller ÖFB-Teamchef bleiben?

Österreich hat bei dieser Fußball-EM maßlos enttäuscht. Vom ersten Anpfiff an wurden die Erwartungen nicht erfüllt. Nichts erinnerte mehr an die Mannschaft, die in der Qualifikation noch so begeistert hat, zur Nr. 10 der Welt wuchs mit Spielwitz, Pässen, Flanken und Toren. Die letzte Offensive gegen Island – für nur 45 Minuten – kam viel zu spät.

Seit den Siegen gegen Russland und Schweden sind Monate vergangen, es folgten zig Partien in Ligen oder im Europacup. Welche Chance da vor 30.000 ÖFB-Fans verspielt wurde, wird Österreich noch lange plagen.
Die Spielzüge platzten zu oft, wie Seifenblasen im lauen Sommerwind. Sie waren instabil, durchschaubar. Es fehlte an Druck, es mangelte an Nachdruck – und die allerletzte, echte Offensive gegen Island, sie kam viel zu spät. Schon in der Vorbereitung war aber offenkundig, dass es Probleme gab. Es wurde darauf nicht, und wenn doch, vollkommen falsch reagiert.

Nun, nach dem bitteren EM-Aus, muss sich Marcel Koller, seine Arbeit hinterfragen. Die Qualifikation zählt nicht mehr, das Aus nach der EM-Gruppenphase bewegt die Gemüter. Ob die vor der EM vereinbarte Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem ÖFB noch sinnvoll ist? Warum Alessandro Schöpf so unerklärlich lange auf der Bank schmoren musste, kann auch nur der Schweizer beantworten.

Schon gegen Ungarn war spürbar, dass etwas in dieser Mannschaft nicht mehr stimmte. War die Rangordnung verloren gegangen, das System, die Aufstellung? War es Kollers fatales Klammern an Spieler, die ihre Form verloren hatten? Man hatte den Eindruck, es wäre allen das Geschick abhanden gekommen, knifflige Spiele zu gewinnen. Die Leichtigkeit war passé, es war alles ernst. Selbst David Alabas Lachen strahlte nicht mehr.

Die mehrfach gestellte Frage, wer denn das dringend benötigte Tor schießen soll, war zweieinhalb Spiele lang absolut berechtigt. Wenn selbst Typen wie Arnautovic händeringend, schier verzweifelt nach Erklärungen suchen, spricht das Bände. Dass "Ersatzspieler" Schöpf – der einzige Lichtblick im ÖFB-Team – der Treffer gelang, der nicht reichen sollte, zeigt, dass der Fehler auch bei Koller liegt. Konnte er die Spieler, ihre Form, nicht richtig deuten?

Österreich hat bei dieser Fußball-EM gründlich daneben gehauen. Ein Punkt gegen Portugal (0:0). Nur ein Tor gegen Island – viel mehr gelang nicht. Es bleibt dem Zuschauer ein gehöriges Rätsel, auch der letzte ÖFB-Angriff kam tatsächlich viel zu spät.

Es irritiert, wenn der vor der EM als "Exot" ausgeschilderte Robert Almer – als einziger Vertreter der Bundesliga –, dann doch Österreichs bester Spieler bei dieser EM war.

markku.datler@diepresse.com

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