Die Ich-Pleite: Plakat

Unter meinem Fenster hängt ein Plakat. Man sieht darauf den Blick durch ein Fernglas.

Wie bei einem Krimi oder Horrorfilm. Im Fokus eine nur mit einer Sonnenbrille bekleidete Frau. Sie wirft uns einen Blick über die Schulter zu. Unter dem Arm trägt sie einen Fußball. Und dabei steht „Das Leben ist ein Spiel“. Was will uns das Plakat sagen? Früher hätte man gesagt: Es geht um Fußballwetten, und es richtet sich an eine Zielgruppe verklemmter Voyeure, die am liebsten durch Ferngläser junge Mädchen begaffen. Aber glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, wo, egal welches Produkt, immer mit einer nackten Frau verkauft wurde. Es muss etwas anderes sein. Sicher soll es nicht heißen, dass man Frauen beim Wetten gewinnen kann. In Österreich wäre das ja nicht möglich. Da wurde die Sklaverei 1812 abgeschafft. Aber vielleicht irgendwo in einem fernen Land – deshalb das Fernglas?

Ein politischer Aktualitätsbezug? Aber das ist zu plump interpretiert. Kein Kreativer, der etwas auf sich hält, würde einfach abbilden, worum es geht. Sicher steckt etwas Feinsinniges dahinter. Es könnte sich um ein Kunst-Sponsoring-Projekt handeln. Eine moderne Interpretation von „Susanna im Bade“. Es ist alles da: die nackte Badende, der verstohlene Blick der alten geilen Männer, und der Fußball unter dem Arm schafft die Aktualität. Es kann auch etwas ganz anderes dahinterstecken. Vielleicht geht es um die Förderung von Frauenfußball? Nur sind die Trikots etwas unglücklich gewählt. Gerade habe ich aus dem Fenster geschaut und gesehen, dass sich auch andere Menschen etwas zu diesem Plakat überlegt haben. Sie haben ihre Überlegungen gleich aufgesprüht. Jetzt steht da „Shit-at-home“ und „Tod dem Sexismus!“ So kann man es natürlich auch interpretieren.

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

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