Heinz Fischer wird feierlich verabschiedet, auf den Nachfolger müssen wir länger warten, als es die gesetzlichen Fristen erfordern. Damit wird verhindert, dass die Wahl 2022 im August angesetzt werden muss.
Wien. Die Bundesversammlung hätte heute, Freitag, zusammentreten sollen, um den neuen Bundespräsidenten anzugeloben. Das findet bekanntlich nicht statt – wohl aber werden sich die Mitglieder der Bundesversammlung – die Abgeordneten zum Nationalrat und zum Bundesrat – zur geplanten Zeit und am geplanten Ort, dem Reichsratssaal im Parlament, zu einem Festakt zusammenfinden, um den scheidenden Bundespräsidenten Heinz Fischer zu verabschieden.
Fischer selbst wird 20 Minuten lang sprechen. Unter den Zuhörern sind neben den Mitgliedern der Bundesregierung auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Gerhart Holzinger, dessen Aufhebung der Stichwahl zu einer Verschiebung der Angelobung des neuen Präsidenten geführt hat. Eingeladen sind auch fünf 30-Jährige, die bei Fischers erster Präsidentenkür im Jahr 2004 Erstwähler waren.
Eine Sitzung der Bundesversammlung ist ein seltenes Ereignis: Bisher ist sie nur zusammengetreten, wenn es galt, einen Bundespräsidenten anzugeloben. Laut Verfassung hätte sie auch die Möglichkeit, gegen einen amtierenden Präsidenten vorzugehen und entweder eine Volksabstimmung zu dessen Absetzung oder eine Anklage beim Verfassungsgerichtshof zu beschließen. Beides ist noch nie vorgekommen – ebenso wie eine weitere Kompetenz der Bundesversammlung: Sie müsste entscheiden, ob Österreich einem anderen Land den Krieg erklärt.
Bis zur Angelobung des Fischer-Nachfolgers wird es noch etwas dauern: Diese dürfte erst Mitte November stattfinden, obwohl rein rechtlich auch ein Termin im Oktober möglich gewesen wäre. Der Grund für die Verschiebung, die sich am Donnerstag abzeichnete: Bei einem früheren Termin müsste die nächste Hofburg-Wahl aufgrund des Fristenlaufs im August 2022 stattfinden.
Dieses Szenario eines bundesweiten Urnengangs mitten in der Ferienzeit wollen alle Fraktionen vermeiden. Daher wird man sich wohl auf einen Termin im November einigen, auch wenn die Angelobung wohl bereits rund um den 20. Oktober möglich wäre, wenn es diesmal keine Einsprüche geben sollte.
Auswirkungen hat dies vor allem für den Nationalfeiertag, an dem der traditionelle „Tag der offenen Tür“ in der Hofburg somit ausfallen würde. Weitere traditionelle Aufgaben des Staatsoberhaupts sind die Kranzniederlegung bei der Krypta am äußeren Burgtor sowie die Angelobung von Rekruten.
Dies könnte vom Nationalratspräsidium vollzogen werden, das ja vorübergehend die Aufgaben des Staatsoberhaupts als Kollegialorgan übernommen hat.
Häupl: Hilfe für Van der Bellen
Die Wiederholung der Bundespräsidentenwahl war auch Thema beim Sommerempfang des Wiener Bürgermeisters. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wollte Michael Häupl zwar nicht kommentieren („Das ist wie beim Fußball – die Schiedsrichterentscheidung haben Spieler nicht zu kommentieren“), die Nebenwirkungen des Gerichtsbeschlusses aber sehr wohl: „Mich beschäftigt gerade die Frage: Wie bekomme ich die rund 600 Beisitzer und Beisitzerinnen, die die SPÖ in Wien stellt? Das wird schwierig“. Denn diese würden sich nun vor Strafen fürchten.
Was Wähler-Mobilisierung für Alexander Van der Bellen betreffe, werde die Wiener SPÖ wieder organisatorisch helfen, sagt Häupl, aber auch diesmal werde man sich in der Außenwirkung zurückhalten: „Auch die Grünen treten ja nicht in der grünen Jacke auf und das ist gut so, denn Rot-Grün hat nur in Wien eine Mehrheit, und wir brauchen auch bürgerliche Stimmen.“ Dass die FPÖ im dritten Wahldurchgang vermutlich einen Fokus auf Wien legen wird, hält Häupl für hilfreich – „das mobilisiert auch unsere Wähler“. Wobei die SPÖ in Wien im Herbst noch eine Wahl zu schlagen hat: die Wiederholung der Bezirksvertretungswahl Leopoldstadt. (uw/maf)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2016)