Heinz Fischer: Abschied einer "moralischen Autorität"

Verabschiedung von Heinz Fischer
Verabschiedung von Heinz Fischer APA/GEORG HOCHMUTH
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Heute endet die Amtszeit von Bundespräsident Heinz Fischer - das offizielle Österreich "verneigt sich" vor ihm in einem Festakt. Er selbst zieht Bilanz: "Es lebe unser schönes Land."

Das Parlament hat sich am Freitag in einer Festsitzung von Bundespräsident Heinz Fischer verabschiedet, dessen Amtszeit mit dem heutigen Tag zu Ende geht. In einer rund 20-minütigen Rede bedankte sich der 77-Jährige für die „außerordentliche Verabschiedung“ im Reichsratssaal des Hohen Hauses, die Unterstützung und Zusammenarbeit über Jahrzehnte hinweg." Seinem Amtsnachfolger, der erst im Oktober gekürt wird, wünschte er schon jetzt „den besten Erfolg“.

Dann blickte Fischer zu seinen Anfängen im Reichsratssaal zurück, mit dem ihn „viele Ereignisse, die mich tief beeindruckt haben", verbinden. Zu diesen zählten etwa seine beiden Angelobungen als Staatsoberhaupt, die seine „Eltern leider nicht mehr erlebt“ haben, dafür aber sein Schwiegervater, der zwei Konzentrationslager überlebt und in Schweden Asyl bekommen habe. Das habe seine Ansichten über die Frage der Menschlichkeit sehr geprägt, führte Fischer aus und erlaubte sich eine „aktuelle Anmerkung“. Er sehe zwar ein, dass Österreich nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könne, doch vermisse er in dieser Situation den Satz: „Wir sind aber bereit, im Rahmen unserer Möglichkeiten und nach besten Kräften zu helfen und die Menschenwürde von Flüchtlingen hochzuhalten.“

"Es lebe unser schönes Land"

Dann zog Fischer Bilanz: Sieben Jahrzehnte seien nicht bloß im Leben einer Person viel, sondern auch für einen Staat und eine Gemeinschaft. Immer wieder komme es zu Veränderungen. So habe Fischer in seiner zwölfjährigen Amtszeit mit vier Bundeskanzlern – Wolfgang Schüssel, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann und Christian Kern – zusammenarbeiten dürfen. Auch habe er erlebt, wie der Verfassungsgerichtshof in der Vorwoche „eine sehr weitreichende Entscheidung getroffen hat“, nämlich die Aufhebung der Präsidentschaftsstichwahl. Es sei „sehr schmerzhaft“, dass bei dem Urnengang eine Reihe von Regelverletzungen aufgetreten seien, die nun dazu führen, dass die Österreicher ein drittes Mal wählen müssen. Doch sei die Entscheidung zu respektieren und das tue er „mit Nachdruck“.

Schließlich kam Fischer zur Europäischen Union: „Wir sind in Europa aus vielen Gründen zu einer breiten Koalition gegen Hass und Gewalt verpflichtet“, sagte Fischer – und erhielt dafür lautstarken Applaus. Die internationale Vernetzung von Staatsorganen sei von enormer Bedeutung, weshalb ihm „die in Großbritannien erfolgte Weichenstellung in Richtung eines Austritts aus der EU sehr bedauerlich und kurzsichtig erscheint“. Darauf folgte Fischers Abschiedsgruß: „Es lebe unser schönes Land, die Republik Österreich, sowie ein friedliches und demokratisches Europa. Herzlichen Dank.“ Stehende Ovationen bekam er als Antwort.

Verabschiedung von Heinz Fischer
Verabschiedung von Heinz Fischer APA/BUNDESKANZLERAMT/ANDY WENZEL

„Ein Bundespräsident für Mehr- und Minderheit“

Zuvor war Fischer mit einer Fanfare der Wiener Philharmoniker empfangen worden. Zugegen waren neben der amtierenden Bundesregierung und Fischers Gattin Margit auch die früheren Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP), Franz Vranitzky (SPÖ) sowie, seitens der Geistlichkeit, Kardinal Christoph Schönborn. „Heute verneigt und bedankt sich das Land vor Ihnen, Sie werden uns ein leuchtendes Vorbild bleiben“, fasste Nationalratspräsidentin Doris Bures dieses Aufgebot an Ehrengästen in ihrer Eröffnungsrede zusammen.

In seinen 4400 Tagen im Amt, in deren Verlauf Fischer fast 400 ausländische Staatsgäste empfangen habe, habe der 77-Jährige seine Aufgaben „niemals als Bürde, sondern stets als große Freude“ empfunden, sagte Bures. „Sie haben eine moralische Autorität, wie kaum ein anderer verkörpert – das wird einem nicht in die Wiege gelegt, noch mit einem hohen Amt verliehen“, hielt sie fest. Weiters strich Bures die Überparteilichkeit Fischers hervor. Er habe stets versucht, ein Bundespräsident „nicht nur für die Mehrheit, sondern im besonderen Ausmaß auch für die Minderheit“ zu sein, „für die Schwachen und Schwächsten“.

Mario Lindner, der Präsident des Bundesrates, strich anschließend weitere Qualitäten des gebürtigen Grazers hervor: „Mit Selfies, mit spontanen Umarmungen oder mit Fallschirmsprüngen“ sei Fischer ein Präsident zum Anfassen gewesen, meinte er. Zudem habe Fischer „das Wort nicht als Waffe verwendet“, sondern vielmehr „das Gemeinsame vor das Trennende gestellt“. Und noch etwas habe das Staatsoberhaupt vorgezeigt, das in der heutigen Politik oft zu kurz komme: „Den Willen zum ausführlichen Nachdenkprozess.“

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Verabschiedung von Heinz Fischer APA/HERBERT NEUBAUER

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