Theresa May tritt heute ihr Amt als britische Premierministerin an. Aber wen macht sie zu ihren Ministern? Zu viele Brexit-Gegner sollten es nicht sein.
Fliegender Wechsel in der Downing Street: Die 59-jährige Innenministerin Theresa May tritt heute als neue britische Premierministerin an. Zuvor reicht David Cameron bei Königin Elizabeth II. seinen Rücktritt ein. Beim Hintereingang des Dienst- und Wohnsitzes des Premierministers fuhren am Dienstag bereits die Umzugswägen vor.
Die Konservative May wird die Nummer 13 in der Liste der Regierungschefs unter der Queen - und nach Margaret Thatcher die zweite Frau. Sie hat als künftige Premierministerin die schwierige Aufgabe, ihr Land aus der EU zu führen. Dazu gebe es nach dem Referendum am 23. Juni keine Alternative, hatte May bereits am Montag klargemacht. "Brexit bedeutet Brexit."
Kabinett: Osbourn, Hammond als Fixstarter
Nachdem die Cheffrage geklärt ist, bleibt die Frage nach den Ministern eine viel diskutierte. Es sprießen die Spekulationen über Mays Kabinettsliste. Nach einem Bericht des "Guardian" gilt der bisherige Außenminister Philip Hammond als ein Favorit für den Chefposten im Finanzministerium. Schatzkanzler George Osborne könnte dann ins Außenamt wechseln - allerdings sähe das Brexit-Lager es ungern, wenn Osborne als Mann des Pro-EU-Lagers künftig Austrittsgespräche mit der EU führen müsste.
Auch Chris Grayling, Brexit-Befürworter im Parlament und enger Vertrauter Mays, käme für einen wichtigen Posten infrage, schreibt die Zeitung. Grayling betonte indes am Dienstag, es gebe keine Eile für einen Austrittsantrag Großbritanniens. "Der Artikel 50 sollte aktiviert werden, wenn wir dazu bereit sind", sagte er dem Sender Sky News.
Hoffnungen auf einen Kabinettsposten machen dürfe sich auch Andrea Leadsom, die bis zu ihrem Rückzug am Montag Mays schärfste Rivalin im Kampf um die Nachfolge von Cameron war.
Zugleich wurden aus dem Umkreis Mays Forderungen nach raschen Neuwahlen zurückgewiesen. Dies stehe nicht zur Debatte, hieß es. May hatte erst kürzlich gesagt, sie plane keine Wahlen vor dem turnusmäßigen Datum 2020.
Etappensieg für Corbyn bei Labour
Im Machtkampf um die Labour-Führung erzielte indes Parteichef Jeremy Corbyn einen Etappensieg. Das Exekutivkomitee von Labour folgte nämlich am Dienstagabend Corbyns Auffassung, dass er als derzeitiger Parteichef automatisch bei der bevorstehenden Basiswahl des nächsten Parteichefs zur Abstimmung stehe.
Damit muss Corbyn nicht die für andere Bewerber vorgeschriebene Unterstützung von 51 Labour-Abgeordneten zusammenbekommen - was sich für ihn als schwierig hätte erweisen können, weil führende Fraktionsmitglieder den umstrittenen Parteichef so rasch wie möglich loswerden wollen. Im Exekutivkomitee stimmten 18 Mitglieder für eine automatische Kandidatur und 14 dagegen, wie ein Parteisprecher mitteilte.
Corbyn zeigte sich "erfreut" über die Entscheidung. Er wolle sich dem Mitgliederentscheid über den künftigen Parteichef stellen und für seine Kernanliegen kämpfen. Sein Finanzexperte und politischer Vertrauter John McDonnell kündigte an, vor der Urwahl viele neue Mitglieder anzuwerben, um Corbyns Verbleib im Amt zu sichern. "Die Demokratie siegt", erklärte McDonnell.
Gewinnt Corbyn, geht die Krise weiter
Bei einem Sieg Corbyns stünde indes der Fortbestand der traditionellen Partei infrage. Im Juni hatte ein großer Teil der Labour-Fraktion ihrem Chef das Vertrauen entzogen. Viele Mitglieder betrachten ihn als überfordert und werfen ihm vor, sich nur halbherzig gegen einen Brexit eingesetzt zu haben. Eine neuerliche Wahl Corbyns zum Parteichef könnte zu einer Spaltung führen.
Corbyns innerparteiliche Gegenkandidatin Angela Eagle begrüßte Corbyns neuerliche Kandidatur. "Ich freie mich auf den bevorstehenden Wettstreit", erklärte sie. "Ich bin entschlossen, ihn zu gewinnen."
Anders als bei der Opposition hatte sich bei den regierenden Konservativen die Führungsfrage nach dem Brexit-Referendum überraschend schnell geklärt. Cameron hatte nach dem Brexit-Referendum vom 23. Juni seinen Rücktritt angekündigt. Er steht dem britischen Parlament am Mittwoch in einer Fragestunde letztmals Rede und Antwort. Anschließend wird er bei Königin Elizabeth II. offiziell seinen Rücktritt einreichen.
(APA/AFP/dpa)