China kauft sich Europa

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Latest Robotic Technology On Display At Automatica Trade Fair(c) Bloomberg (Martin Leissl)
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Mangels eigenen Wachstums suchen viele Unternehmen Expansionschancen: Im ersten Halbjahr gab es schon 164 Deals.

Wien/Peking. Viele Investments gingen ganz still über die Bühne. Die beiden jüngsten – der Einstieg beim deutschen Roboterbauer Kuka und die Übernahme des serbischen Stahlwerks in Smederevo – lassen aber die Wogen hochgehen. China überschwemmt Europa nicht nur mit billigem Stahl und bringt damit die europäischen Produzenten unter Druck. Die Volksrepublik, die bisher vorrangig als Zielregion für europäische Unternehmen und verlängerte Werkbank gegolten hat, dreht den Spieß seit einiger Zeit erfolgreich um. Im ersten Halbjahr haben chinesische Investoren 164 europäische Unternehmen gekauft oder sich an ihnen beteiligt. Das ist mehr als im gesamten Jahr 2014, heißt es in einer Studie der Beratungsfirma EY.

Auch das Transaktionsvolumen ist sprunghaft gewachsen und hat mit 72,4 Mrd. Dollar einen Rekord erreicht. Die Studienautoren von EY sind daher überzeugt, dass das Gesamtjahr 2016 neue Spitzenwerte bringen wird. 2015 gab es 183 Akquisitionen.

Für Eva-Maria Berchtold, Partnerin und Leiterin Transaction Advisory Services bei EY Österreich, gibt es für die verstärkte Einkaufstour der Chinesen zwei zusätzliche Gründe: „In Europa wollen sich viele Private-Equity-Gesellschaften von Beteiligungen trennen und stoßen bei chinesischen Investoren auf großes Interesse. Diese suchen verstärkt nach Übernahmezielen in anderen Ländern, da das Wachstum auf dem Heimatmarkt nachlässt.“ Letzteres zwinge die chinesischen Unternehmen, neue Geschäftsfelder aufzubauen und sich von der Massenproduktion in Richtung Spezialisierung und Hochtechnologie zu bewegen, ergänzt Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz. „Der kürzeste Weg dahin besteht in Akquisitionen ausländischer Marktführer.“

Außenhandel schwächelt

Ein Indiz für die schwächelnde Wirtschaft sind die chinesischen Exporte, die im Juni überraschend stark um 4,8 Prozent gesunken sind. Die Importe fielen gar um 8,4 Prozent.

Zielland Nummer eins ist Deutschland mit 37 Projekten vor Frankreich (23). Der größte Deal läuft gerade in der Schweiz: Chemchina legt für die Übernahme des Chemiekonzerns Syngenta 44 Mrd. Dollar auf den Tisch. Österreich wird von der Shoppingtour nur gestreift: Heuer gab es mit der Mehrheitsbeteiligung von Kaishan Compressor an der LMF Unternehmensbeteiligung GmbH und dem Kauf von Austria Druckguss durch Zhongding nur zwei Deals. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)

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