Wien als neue Drehscheibe

Vienna International Busterminal Erdberg
Vienna International Busterminal ErdbergMichaela Bruckberger
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Die Stadt soll einen zentralen Busterminal bekommen.

Ein Blick unter die Südosttangente – das ist nicht unbedingt das, was die Stadt Wien ihren Gästen als ersten Eindruck präsentieren möchte. Und doch kommen hier Tag für Tag rund 170 Busse aus dem Ausland an. Im Vienna International Busterminal (VIB) in Erdberg, nämlich. Das Gelände im dritten Bezirk ist neben dem Busbahnhof am Hauptbahnhof und dem Busterminal Vienna beim Stadion Center die wichtigste Anlaufstelle für Menschen, die mit dem Fernbus von und nach Wien reisen. Einer Weltstadt unwürdig sei der Terminal, heißt es sogar vonseiten des Betreibers, des Busunternehmens Blaguss. Abgesehen davon stößt es auch langsam an seine Grenzen. „Die nächsten zwei, drei Jahre haben wir noch Platz, dass es für Kunden verträglich ist“, sagt Blaguss-Sprecherin Claudia Pich. Doch mit den enormen Zuwachsraten im Fernbusverkehr wird es recht eng – 2015 kamen immerhin schon rund drei Millionen Fahrgäste per Fernbus nach Wien.

Seit Längerem laufen deshalb die Planungen für einen zentralen Busterminal für alle internationalen Busverbindungen. Die Stadt hat bereits zwölf Standorte getestet und das Feld kürzlich auf drei reduziert. Noch im Herbst 2016 soll eine Entscheidung fallen. Unter den drei Kandidaten sind der Verteilerkreis Favoriten, der Handelskai und zuletzt auch Erdberg. Im Lauf des Sommers sollen sie nun auf ihre Eignung hin geprüft werden. Bei allen dreien gewährleistet ist jedenfalls ein entscheidendes Kriterium, nämlich der Anschluss an die U-Bahn. In Favoriten wird mit der Verlängerung der U1 im September 2017 die Station Altes Landgut den Verteilerkreis zugänglich machen. Am Handelskai gibt es, je nach Standort, die U2 oder die U6 als Zubringer. Und Erdberg ist mit der U3 ohnehin schon an das hochrangige Verkehrsnetz angeschlossen.

Daneben muss darauf geachtet werden, dass die Busse nicht zu lange Zufahrtstrecken außerhalb des Hochleistungsnetzes fahren oder auch, dass sie nicht durch Wohngebiet müssen. Ein wichtiges Entscheidungskriterium ist aber auch, dass sich die Infrastruktur selbst durch die Nutzerentgelte finanziert. So wie Flughäfen Start- und Landegebühren kassieren, verlangen auch Busbahnhöfe etwas für die Benutzung. Das ist auch mit ein Grund dafür, dass man nur einen großen Standort für alle haben will, weil der sich wirtschaftlich eher betreiben lässt als mehrere kleine. Und natürlich muss der zukünftige Busterminal auch in der Lage sein, das heutige Aufkommen abzuwickeln – und auch noch das prognostizierte Wachstumspotenzial. Derzeit liegt es bei bis zu 30 Prozent pro Jahr, zum Teil stimuliert durch neue Mitbewerber wie Hellö der ÖBB und damit verbundene Aktionspreise. Aber fünf Prozent pro Jahr sind laut Experten auch noch über mehrere Jahre realistisch.


Gastronomie und Toiletten. Dabei zeichnet sich noch eine weitere Entwicklung ab, dass sich nämlich, so wie im Flugverkehr, Fernbusknotenpunkte entwickeln. Dass etwa Passagiere von Frankfurt nach Wien und von dort weiter nach Budapest fahren. Gerade Wien mit seiner zentralen Lage könnte sich als Drehkreuz etablieren. Das schafft neue Anforderungen an die Busterminals, die sie bislang nicht erfüllen mussten. „Es braucht dann entsprechende Wartebereiche, Sanitäranlagen, Gastronomie und Möglichkeiten für die Fahrgäste, sich die Zeit zu vertreiben“, heißt es aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou.

Eine Kostenschätzung oder einen Termin, zu dem der neue Terminal fertig sein wird, will man im Stadtratsbüro noch nicht wagen. Aber man geht jedenfalls davon aus, dass die Busbetreiber schon jetzt dringend nach Platz suchen und das Projekt notwendig sei. Man binde die Busgesellschaften bei der Planung auch mit ein. „Wäre der Terminal schon fertig“, so ein Sprecher, „wäre die Nachfrage wohl sehr groß.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2016)

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