Wer unser Gasnetz kaufen soll

Die Gas Connect Austria betreibt ein rund 900 Kilometer langes Erdgas-Hochdruckleitungsnetz in Österreich.
Die Gas Connect Austria betreibt ein rund 900 Kilometer langes Erdgas-Hochdruckleitungsnetz in Österreich.(c) Achim Bieniek / picturedesk.com (Achim Bieniek)
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Die OMV hat die besten Bieter für die Gasleitungen im Land gefunden. Die Kritik am Teilverkauf reißt nicht ab.

Wien. Die OMV ist nicht gerade vom Glück verfolgt: Norwegen bedroht das geplante Tauschgeschäft mit Gazprom, eine offene Rechnung verzögert die Expansion in den Iran, der Konzernbetriebsrat schafft sich selbst ab – und auch um den angestrebten Verkauf der Gas Connect Austria ist es verdächtig still geworden. Vom Plan, 49 Prozent des heimischen Gasnetzbetreibers bis Spätsommer an den Mann zu bringen, hat man sich verabschiedet. Interessenten gibt es genug. Kritiker allerdings auch. Sie fürchten, dass die OMV leichtfertig strategische Infrastruktur aus der Hand gibt und säen Zweifel am Geschäft. Nun kommt nach Informationen der „Presse“ doch Bewegung in die Sache. Wie mehrere Quellen bestätigen, sind die chancenreichsten Interessenten am 900 Kilometer langen Gasnetz gekürt. Unter den Top drei auf der Shortlist des Beraters Citi findet sich demnach der heimische Versicherungskonzern Allianz Österreich im Konsortium mit dem kanadischen Pensionsfonds Borealis Infrastructure, der im Übrigen keine Verbindung zur OMV-Tochter Borealis hat. „Die Allianz hat gute Karten“, sagt ein Insider zur „Presse“. „Aber sie sind derzeit nicht an erster Stelle gereiht.“

Eine halbe Milliarde Euro wert

Die Rivalen im Bieterstreit um das rund 500 Millionen Euro schwere Aktienpaket der Gas Connect kommen aus Italien und Tschechien. Der italienische Pipelinebetreiber Snam betreibt bereits heute gemeinsam mit der Gas Connect die Trans Austria Gasleitung (TAG) nach Italien. Noch besser dürften allerdings die Chancen des tschechischen Energiedienstleisters EP Holding sein. Das Unternehmen gilt als hoch liquide und kontrolliert in der Slowakei bereits ein benachbartes Gasnetz. Diesen Vorteil kann freilich auch das Allianz/Borealis-Konsortium vorweisen. Gemeinsam besitzen sie den tschechischen Netzbetreiber Net4Gas.

Versicherungskonzerne wie die Allianz oder Pensionsfonds wie Borealis sind freilich nicht am Energiegeschäft an sich interessiert. Sie lockt einzig die stabile Marge, die sich im reglementierten Geschäft mit dem Gastransport lukrieren lässt. Die OMV hingegen will sich von ihrem knappen Hälfteanteil trennen, um der Vorgabe „Mehr Risiko, mehr Cash“ des neuen Vorstandsvorsitzenden, Rainer Seele, Folge zu leisten.

In der Politik können und wollen ihm nicht alle folgen. Vor allem die SPÖ sieht den teilstaatlichen Konzern hier die längste Zeit falsch abbiegen. Dieses Problem sei mittlerweile „planiert“, heißt es beim Koalitionspartner ÖVP. Finanzminister Schelling und Kanzler Kern sollen sich geeinigt haben, dass der Teilverkauf der Gas Connect Austria kein Streitthema in der Koalition sein werde. Die SPÖ-nahe Managerin Brigitte Ederer wird hingegen nicht müde, vor einem „Ausverkauf der OMV“ zu warnen. Sie fordert stattdessen einen staatliche Infrastrukturkonzern, in dem auch das Bahn-, Telekom- und das Stromnetz gebündelt sein sollen. Offiziell wollten weder Ministerien noch Firmen einen Kommentar abgeben.

Wen stützt Peter Löscher?

Auch im Aufsichtsrat der OMV ist der Verkauf des Gasnetzes keineswegs beschlossene Sache. Noch sei kein fertiges Konzept vorgelegt worden, heißt es aus dem Umfeld des Kontrollgremiums. Dort stehen sich zwei Lager gegenüber: Jene, die den Verkauf gerade jetzt für richtig halten, weil vermutlich ein hoher Preis zu erzielen sein wird. Und jene, die nicht verstehen, warum die OMV überhaupt einen sicheren Gewinnlieferanten abstoßen will, um sich in riskantere Projekte zu stürzen. Interessant wird sein, wie sich der neue Aufsichtsratspräsident, Peter Löscher, positionieren wird. Er wird sich Brigitte Ederers Sorgen wohl anhören.

Als Siemens-Chef holte der Kärntner die Ex-Staatssekretärin der SPÖ einst in den Vorstand des Industriekonzerns nach München.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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