Alles retour: Hilfe auf dem Weg zurück in die Heimat

Seit zehn Jahren hilft die Caritas Ausländern bei der freiwilligen Rückkehr. Mehr Geld wäre dabei hilfreich.

WIEn. C. ist 18 Jahre alt, als er sich nach Österreich durchschlägt. Er kommt aus Gambia, einem kleinen Land in Westafrika, und er hofft, dass hier alles besser wird. Vier Jahre verbringt er in Wien, dann wird sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen, der Traum von einer Zukunft in Österreich zerplatzt. C. beschließt, in seine Heimat zurückzukehren. Doch wie, ohne Geld, ohne Papiere?

In Fällen wie diesen springt die Caritas ein: Sie organisiert Heimreisezertifikate, hilft dabei, einen Flug zu buchen. Und sie versucht, aus der Heimkehr einen Neustart zu machen. In Österreich hat der junge Afrikaner seine Liebe zu Computern und Musik entdeckt; darauf will er seine neue Existenz aufbauen. Die Caritas organisiert einen Laptop samt Beamer, übernimmt die Frachtkosten. Mit 370 Euro Reintegrationszuschuss von der österreichischen Regierung und seiner neuen Ausrüstung tritt er die Heimreise an. Heute hat C. Aufträge als DJ, Kontakt zu einer Radiostation, und arbeitet daran, sein eigenes Tonstudio aufzubauen.

Ein Beispiel – von mehr als 8000. Seit zehn Jahren bietet die Caritas jenen Ausländern Hilfe, deren Hoffnungen sich in Österreich nicht erfüllt haben. Bis Ende August wurden so 16.300 Menschen beraten, über 8800 bei ihrer Rückkehr in die Heimat, nach Tschetschenien, Serbien oder in den Kosovo, unterstützt.

„Kein Last-Minute-Reisebüro“

Der Großteil der Betroffenen wurde dabei in der Erzdiözese Wien betreut. Dabei werden für jeden Einzelnen die Perspektiven abgeklärt – rechtlich, sozial und länderspezifisch. „Wir sind kein Last-Minute-Reisebüro ohne Rückfahrschein“, betont Michael Landau, Caritas-Direktor der Erzdiözese Wien. „Jeder Fall muss individuell geprüft werden, denn wir haben hier eine enorme Verantwortung.“ Eine Rückkehr dürfe einen Menschen niemals in Gefahr bringen. „Andererseits kann nicht jeder Asyl erhalten, als Caritas müssen wir auch hier enttäuschen und falsche Erwartungen beseitigen, mit denen Menschen nach Österreich gekommen sind.“

Anstoß Bosnien und Omofuma

Entstanden ist die Rückkehrhilfe vor dem Hintergrund der Bosnien-Krise. „Sie war innovativ und bahnbrechend in einer Zeit, in der es bei den Abschiebungen sogar zu einem tragischen Todesfall kam“, erinnert sich Caritas-Präsident Franz Küberl in Anspielung an den Fall des Nigerianers Marcus Omofuma.

Heute sei die Hilfe im „Milieu“ durchaus bekannt, sagt Küberl im „Presse“-Gespräch, „schon weil viele auch aus anderen Gründen mit uns Kontakt haben.“ Und der Bedarf sei eher im Zunehmen, während das Geld knapper wird. In den letzten beiden Jahren wurden die Mittel, die das Innenministerium für Rückkehrhilfe zur Verfügung stellt, um jeweils rund zehn Prozent gekürzt. „Eine unserer Forderungen ist daher ein Reintegrationsfonds, damit Menschen in vernünftiger, menschenwürdiger Form zurückkehren können.“ Schließlich solle die Rückkehr freiwillig und nachhaltig sein. „Das geht nur, wenn jemand auch eine Chance auf eine Zukunft hat.“

Internationales Vorbild wäre etwa Nordrhein-Westfalen, wo nicht 370, sondern 1000 Euro die Rückkehr erleichtern. In Österreich habe er vielmehr den Eindruck, die Devise laute schlicht: „Hauptsache draußen.“ Richtlinien für eine qualitätsvolle Beratung und Rückkehr gebe es keine. „Das Ministerium ist da wie ein scheues Reh, es will sich nicht festlegen“, kritisiert Küberl. Dabei würde eine Abschiebung womöglich deutlich mehr kosten.

„Kosten lächerlich gering“

Michael Landau zitiert dazu Zahlen aus dem Ministerium: Demnach kostete eine Abschiebung per Charterflugzeug im Jahr 2007 3490 Euro. „Im Vergleich sind die 370 Euro Reintegrationshilfe für freiwillige Rückkehrer lächerlich gering.“

Einer, dem die Caritas ebenfalls auf dem Weg nach Hause geholfen hat, ist Gurpreet Singh. Der Inder floh 2008 mit 52 Jahren nach Österreich, weil er sich in seinem Dorf verfolgt fühlte. Heute ist er wieder in Indien – und bei seiner Frau und seinen Kindern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2009)

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