Husslein beklagt "öffentliche Desavouierung"

Agnes Husslein-Arco
Agnes Husslein-Arco APA (Herbert Neugebauer)
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Als Direktorin sei sie "365 Tage im Jahr rund um die Uhr im Einsatz", daraus ergebe sich "zwangsläufig eine Überschneidung von beruflicher Tätigkeit und Privatleben". Agnes Husslein-Arco bezieht erstmals Stellung.

Nach den Querelen um die Verstöße gegen die hausinternen Compliance-Richtlinien ist das Ende der Ära Agnes Husslein-Arco im Belvedere wohl gekommen. Knapp eine Woche, nachdem Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) bekannt gegeben hat, die Leitung des Belvedere neu auszuschreiben, hat sich die bis zum Jahresende verbleibende Direktorin Agnes Husslein-Arco per Aussendung zu Wort gemeldet. Darin adressiert sie die "öffentlich ausgetragene Desavouierung meiner Person" und bezieht erstmals ausführlich Stellung zu den Vorgängen der vergangenen Wochen.

In einem per Mail verschickten "persönlichen Schreiben" streicht Husslein ihre Verdienste hervor und hält fest, dass "Leistungen wie diese" nur dann gelingen könnten, "wenn eine gewisse Dynamik herrscht und sich alle mit voller Kraft und viel Engagement einbringen". Als Direktorin sei sie "365 Tage im Jahr rund um die Uhr im Einsatz". Schließlich gehe es nicht nur darum, das Haus zu führen, "sondern auch darum, das Vertrauen der Sammler, der potenziellen Leihgeber und der Sponsoren zu gewinnen". Deshalb sei es "unabdingbar notwendig, dort präsent zu sein, wo Kunst stattfindet und vorhanden ist". Daraus ergebe sich "zwangsläufig eine Überschneidung von beruflicher Tätigkeit und Privatleben".

Vier-Augen-Prinzip

Husslein verweist auch darauf, dass diese Überschneidungen - wie etwa das Arbeiten vom Wohnsitz in Kärnten während der Sommermonate - sowohl dem Kuratorium als auch der kaufmännischen Leiterin Ulrike Gruber-Mikulcik bekannt gewesen seien. "Ich habe immer nach dem Vier-Augen-Prinzip agiert", so Husslein. Erst als Gruber-Mikulcik Mitte Juni erfahren habe, dass Husslein wiederbestellt werden sollte, "sie aber nicht als kaufmännische Geschäftsführerin eingesetzt wird", habe diese die Verstöße gegen die Compliance-Richtlinien beim Kulturministerium sowie bei Kuratoriumsvorsitzendem Hans Wehsely gemeldet. Husslein dazu: "Jeder von Ihnen möge sich davon sein eigenes Bild machen ..."

Weiters thematisiert Husslein die Kosten von 130.000 Euro, die die vom Kuratorium eingesetzte Wirtschaftsprüfkanzlei BDO verursachte, was bereits Drozda zu Kritik veranlasst hatte. Husslein verweist darauf, dass dieser Bericht Vorwürfe "stichhaltig entkräftet" habe und stellt klar: "Hans Wehsely zwang mich jedoch, aufgrund der verrechneten Reisespesen Kärnten-Wien, die von Frau Gruber abgezeichnet waren und über die er Bescheid wusste, Verfehlungen einzugestehen. Nur dann könne ich meine Funktion bis Jahresende erfüllen." Jene Klage, die Gruber-Mikulcik bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingereicht hat, werde von dieser überdies nicht behandelt, so Husslein. Sie sei an die Staatsanwaltschaft Wien weitergeleitet worden.

Ein leistungsstarkes Team

"Die öffentlich ausgetragene Desavouierung meiner Person lief unterdessen ungebremst weiter und gipfelte in der Berichterstattung in der vergangenen Woche, nachdem der Kulturminister am 27. Juli 2016 bekannt gegeben hatte, dass er sowohl die kaufmännische Geschäftsführung als auch die wissenschaftliche Geschäftsführung (also auch meine Position) erneut ausschreiben werde", so Husslein, die es persönlich "sehr bedauert", "dass mit dieser Diskussion das Ansehen des Belvedere Schaden nimmt und die unbestrittenen Höhepunkte und Leistungen, die mein Team und ich für das Haus erzielt haben, in den Hintergrund gedrängt werden". Das Team des Belvedere sei leistungsstark, aus diesem Grund würden Mitarbeiter des Hauses auch immer wieder zu Direktoren anderer Museen bestellt. "Mir ist aber auch bewusst, dass dieses Tempo nicht leicht zu bewältigen ist und nicht alle Schritt halten konnten oder wollten. Ist es in Einzelfällen zu Missstimmungen gekommen, tut mir das persönlich sehr leid", so Husslein.

Bis Jahresende wird Husslein ihre Funktion also noch erfüllen, dann soll nach einer Neuausschreibung eine neue Doppelspitze für das Haus feststehen. Dies ist die Folge von Vorwürfen hinsichtlich Compliance-Verstößen, die sie gegenüber dem Kuratorium auch eingestanden hat.

(APA)

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