"Wildwuchs": Tauziehen um Mietrechts-Novelle hält an

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Die SPÖ könnte der ÖVP bei den freien Mieten entgegenkommen. Uneins sind sich die Koalitionspartner auch über die Gründe für das Noch-Nicht-Ergebnis. Bis Herbst will man sich dennoch einigen.

Trotz etlicher offener Punkte soll die Koalition bis Herbst einig sein über die lange geplante Mietrechts-Novelle. Darauf hofft die SPÖ und legte am Donnerstag ihre Wünsche vor: Die Zu- und Abschläge müssten gesetzlich fixiert werden, Fristverträge sollten einmal verlängert werden können. Freie Mieten seien statt für 20 auch für 25 oder 30 Jahre denkbar, damit würde man der ÖVP entgegenkommen.

Ein Tauziehen zwischen den Regierungsparteien gibt es etwa noch über die Höhe der Mieten-Abschläge für befristete Mietverträge, wobei der SPÖ deutlich höhere Abschläge vorschweben. Bei den Befristungen selbst müsse der "Wildwuchs" weg, sagten Klubobmann Andreas Schieder und Wohnbausprecherin Ruth Becher am Donnerstag. Neben einer Mindestbefristung, die - soweit Konsens - künftig 5 Jahre statt 3 Jahre betragen soll, ist zugunsten der Mieter eine Option auf weitere laut SPÖ 5 Jahre und laut ÖVP 3 Jahre vorgesehen. Als Befristungsabschläge für bis zu 7-jährige Laufzeiten stellt sich die SPÖ 25 Prozent Mieten-Abschlag vor, die SPÖ 15 Prozent, bei bis zu 12 Jahren die SPÖ 17, die ÖVP 10 Prozent.

"Hab ich zwei WCs, hab ich einen Balkon...?"

"Herzstück" im neuen Gesetz sollen laut SPÖ die direkt im Gesetz fixierten Zu- und Abschläge zu den Miet-Richtwerten sein, da nur dies wirklich Klarheit für die Bewohner schaffe. "Der Mieter soll nachschauen können: Hab ich zwei WCs, hab ich einen Balkon, hab ich ein Bad, gibt es einen Erker, eine Einbauküche, ist es ein Erstbezug, hab ich einen Fahrradraum", nannte Becher Beispiele. Entgegengekommen sei man der ÖVP mit dem Zugeständnis eines neuen Sonderzuschlags, der ein Ausscheren etwa für Luxuswohnungen ermöglichen solle.

Von ihrem "Universalmietrecht", das Becher einmal im Alleingang vorgestellt hat, ist die SPÖ abgerückt, damit sei man beim Koalitionspartner "in der Diskussion leider nicht durchgekommen". Damit ist auch der in dem seinerzeitigen Papier vorgesehene neue "Basismietzins" von 5,50 Euro/Quadratmeter als Obergrenze nach den ersten 20 Jahren eines Neubaus obsolet.

Dafür ist die SPÖ nun gesprächsbereit über eine längere "wirtschaftsliberale Refinanzierungsphase" als lediglich 20 Jahre, in denen künftig jedenfalls eine völlig freie Mietpreisbildung möglich sein soll. Das könnten auch 25 Jahre sein, so Becher, ohne dabei 30 Jahre als Zeitraum zu dementieren, nach denen sie gefragt wurde: "Das ist eine Detailfrage, die man noch diskutieren muss. Da ist sicher Spielraum drin." Nach diesem "Wirtschaftsliberalen Korridor" (WILK) sollen auch diese nicht mehr ganz neuen Wohnungen dem Richtwert-System unterliegen, so der Verhandlungsstand. Es solle die Miete nach der "Leistungsbezogenheit" bemessen sein und "nicht nach welchem Stichtag sie erbaut wurde", so Schieder.

Zur Zeit unterliegen Wohnungen bis Baubescheid 1945 bei Neuabschlüssen in Bezug auf die Mietpreisbildung dem Mietrechtsgesetz (MRG) mit dem Richtwert, wobei Wohnungen mit Baubewilligung nach 1945 nicht preisgeregelt sind.

Ringen um Richtwert-System 

Allerdings ist noch unklar, ob das seit 1994 bestehende Richtwert-System in der Form weiter existieren wird. Denn beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) liegen derzeit fünf Anfechtungen (laut SPÖ von ÖVP-nahen Mietrechtsexperten) gegen die bundesländerweise unterschiedliche Höhe der Mietrichtwerte. Frühestens im Herbst sei mit einem Erkenntnis zu rechnen. Becher sieht drei Szenarien: eine komplette Aufhebung, eine teilweise Aufhebung oder eine Inkraftsetzung der Gesetzeslage vor den Richtwerten, also den Kategoriemieten. "Das wäre dann eine gute Ausgangsbasis für weitere Verhandlungen."

Laut Becher wäre das jetzige Verhandlungsergebnis "unterschriftsreif", aber "die ÖVP braucht wegen interner Diskussionen noch etwas Zeit". Klubobmann Schieder verwies auf "verschiedene Gruppen in der ÖVP, die verschiedene Interessen habe". Den einen gehe es ohnedies auch um die Mieter, andere seien teils von Renditeinteressen der Immobilienlobby "getriggert".

"ÖVP-intern ist die Position jedenfalls klar"

ÖVP-Wohnbausprecher Johann Singer appellierte am Donnerstag an die SPÖ, "die Verhandlungen konstruktiv fortzuführen". Bisher hätten wesentliche ÖVP-Forderungen nicht geklärt werden können, etwa zu Maßnahmen für mehr Mietergerechtigkeit oder Investitionsanreize für umfassende Wohnhaussanierungen. "ÖVP-intern ist die Position jedenfalls klar, hier gibt es keinen Abstimmungsbedarf mehr", betonte Singer zu anderslautenden Interpretationen der SPÖ.

Die ÖVP besteht laut Singer darauf, dass "langjährige Privilegien im Mietrecht endlich abgeschafft" würden - es dürfe keine Zweiklassengesellschaft unter einem Dach geben. Die derzeitige gesetzliche Regelung lasse es zu, dass Wohnungen zum immer gleich bleibenden Mietzins vererbt werden dürfen. "Das führt zu der absurden Situation, dass in einer großen, gut ausgestatteten Wohnung wohlhabende Personen zu einem vergleichsweise niedrigen Mietzins leben, während etwa eine Jungfamilie für eine ähnliche Wohnung nebenan um vieles mehr zahlen muss - und das ist einfach ungerecht. Weitergabe im Familienkreis Ja, aber zu angemessenen Konditionen", so der ÖVP-Wohnbausprecher in einer Aussendung.

Die SPÖ dagegen stellte am Donnerstag klar, dass für sie keine Eingriffe in Altverträge denkbar sind. Becher: "Für bestehende Verträge sind keine Änderungen geplant."

(APA)

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