Wer vom Kindergeld profitiert

Welche Staatsbürgerschaft ein Kind hat, ist für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld egal – solange es in Österreich lebt.
Welche Staatsbürgerschaft ein Kind hat, ist für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld egal – solange es in Österreich lebt. (c) Bilderbox
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In Österreich gehen 32,5 Prozent des Kindergeldes an Nicht-Österreicher, in Wien sind es 53 Prozent. Wie erklärt sich der hohe Anteil? „Die Presse“ bringt Zahlen und Fakten.

Wien. Es war eine Meldung, die für Aufsehen gesorgt hat: Ein Drittel des Kindergeldes, das in Österreich ausbezahlt wird, geht an Nicht-Österreicher. In der Bundeshauptstadt Wien gehen sogar 53 Prozent des Kinderbetreuungsgeldes, wie es korrekt heißt, an Nicht-Österreicher – wie aus der Beantwortung einer parlamentarische Anfrage seitens des Familienministeriums hervorgeht. „Die Presse“ bringt zu diesem Thema die wichtigsten Fakten.

1. Um welche Leistungen geht es konkret? Um um welche Summen?

Die Zahlen des Familienministeriums beziehen sich ausschließlich auf das Kinderbetreuungsgeld, das Eltern während der Karenzzeit bekommen. Es betrifft also nicht die Familienbeihilfe – auch wenn diese die Voraussetzung für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ist. Es betrifft auch nicht das Wochengeld, das Mütter nach der Geburt erhalten. Ausgezahlt wird die Leistung vom Bund über den FLAF (Familienlastenausgleichsfonds).

Österreichweit wurden im Vorjahr 751,4 Millionen Euro ausbezahlt, davon 32,5 Prozent an Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft. In Wien waren es 177,3 Millionen Euro, davon 53 Prozent an Ausländer. Wobei unter diesem Titel EU-Ausländer, Nicht-EU-Staatsbürger, Asylberechtigte sowie subsidiär Schutzberechtigte zusammengefasst sind. Wer Kinderbetreuungsgeld bezieht, ist auch krankenversichert. Sozial Schwache können seit 2010 zusätzlich eine Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld bekommen. Letzteres steht auch Personen zu, die nicht erwerbstätig oder pflichtversichert sind bzw. waren (Hausfrauen, Studentinnen, geringfügig Beschäftigte).

2. Warum ist der Ausländeranteil unter Kindergeldbeziehern hoch?

Der Anteil ausländischer Bezieher von Kinderbetreuungsgeld ist österreichweit seit 2011 (27,9 Prozent) auf fast ein Drittel im Vorjahr (32,5 Prozent) gestiegen. Das hat einerseits mit der Zuwanderung zu tun. Seit damals kamen 314.621 Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft ins Land. Der Ausländeranteil in der Bevölkerung stieg damit von 10,9 auf 13,3 Prozent. Das führte in Konsequenz zu etwas mehr ausländischen Anspruchsberechtigten (zuletzt 71.368 statt 66.227 im Jahr 2011). Der wahre Treiber für den hohen, relativen Anteil der Ausländer ist jedoch, dass Eltern mit österreichischer Staatsbürgerschaft zusehends weniger Kinder bekommen. Ihre Anzahl brach seit damals um genau ein Fünftel auf nur noch 135.240 Anspruchsberechtigte ein.

Aus diesem Grund gingen die Gesamtaufwendungen des Bundes für das Kindergeld deutlich zurück, nämlich von 845 auf 715 Millionen Euro im Jahr. Asylberechtigten machen nur einen kleinen Anteil der Kindergeld-Bezieher aus. 2011 war es 1,5 Prozent (in absoluten Zahlen bezogen 3468 Asylwerber Kinderbetreuungsgeld), im Vorjahr waren es 2,2 Prozent (4619 absolut).

3. Was sind die Voraussetzungen? Wird für Kinder im Ausland gezahlt?

Voraussetzung ist ein Anspruch und der Bezug von Familienbeihilfe (Anm.: Diese wird nach der Geburt beantragt, das Kindergeld dagegen folgt erst nach acht Wochen dem Wochengeld) Dazu kommt der rechtmäßige Aufenthalt in Österreich, wobei hier der „Mittelpunkt des Lebensinteresses“ sein muss. Dafür müssen z. B. Hauptwohnsitz, familiäre Bindungen etc. in Österreich sein („engere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen als zu einem anderen Staat“). Für im Ausland betreute Kinder gibt es normalerweise kein Geld, bei Bezug einer gleichartigen ausländischen Leistung wird das Kinderbetreuungsgeld ruhend gestellt. Weiters müssen Bezieher und Kind in einem Haushalt wohnen, die (im Mutter-Kind-Pass) vorgeschriebenen Untersuchungen durchgeführt werden, wobei auch für Adoptiv- und Pflegekinder Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt wird. Allerdings darf die individuelle Zuverdienstgrenze nie überschritten werden. Sie liegt bei 60 Prozent der Letztbezüge, mindestens aber bei 16.200 Euro pro Jahr.

4. Welche Reformen sind geplant? Welche Modelle gibt es?

Derzeit gibt es Varianten von zwölf bis 30 Monaten, dazu eine einkommensabhängige Variante (80 Prozent vom bisherigen Einkommen, maximal 66 Euro pro Tag). Ab März 2017 wird das System reformiert. Es kommt das neue, flexiblere Kindergeld, welches die Koalition im Juli beschlossen hat. Es bringt neben der einkommensabhängigen Variante ein Kinderbetreuungsgeld-Konto anstelle der vier Pauschalmodelle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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