Kommunalkredit: Jeder gegen jeden

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der frühere Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer weist die Vorwürfe der Bilanzfälschung und der Untreue zurück. In Österreich würden andere Großbanken genauso bilanzieren wie die Kommunalkredit.

Wien(höll). Der im Herbst ausgeschiedene Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer weist die Anschuldigungen auf Bilanzfälschung und Untreue zurück. Wie die „Presse“ am Samstag berichtete, wurde Platzer von der Finanzmarktaufsicht (FMA) bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Damit ist es so gut wie sicher, dass der frühere Banker von der Justiz einvernommen wird.

Platzer rechtfertigt sich nun damit, dass die Kommunalkredit bei Weitem nicht die einzige Großbank sei, die in Österreich die komplexen Finanzgeschäfte – im Fachjargon „Credit Default Swaps“– nicht zu ihren Marktwerten in die Bilanz aufgenommen hat. „Die Wirtschaftsprüfer wissen sehr genau, welche anderen großen Banken genauso bilanzieren“, so der frühere Bankchef. Als Beispiel dafür nannte er den Volksbanken-Konzern – früher Haupteigentümer der Kommunalkredit.

Laut Platzer haben Volksbank und Kommunalkredit mit KPMG einen gemeinsamen Wirtschaftsprüfer, der sich die Bilanzen beider Institute angesehen habe. Die KPMG sei auch heute noch Prüfer der Kommunalkredit. Alle Bilanzierungsmodalitäten seien in Abstimmung mit KPMG erfolgt, behauptet Platzer. Die Volksbank weist die erhobenen Vorwürfe als „nicht nachvollziehbar“ zurück.

Milliardenhaftung des Staates

Im Vorjahr hatte die Kommunalkredit einen Verlust von 2,6 Milliarden Euro erwirtschaftet und musste mit einer Milliardengarantie des Staates vor der Pleite gerettet werden. Die Volksbanken gaben ihren Anteil für einen Euro an den Bund ab.

Laut Gutachten des Wirtschaftsprüfers Deloitte sei die Lage des auf Gemeindefinanzierungen spezialisierten Instituts schon Mitte 2007 existenzbedrohend gewesen. Denn die „Credit Default Swaps“ hätten zu Verlusten geführt. Sie seien, so das Gutachten, von der Bilanz ausgelagert worden. Die Spezialtransaktionen erhielten klingende Namen wie „Transformator“ und „Repack“. Deloitte kommt außerdem zum Ergebnis, dass der Aufsichtsrat darüber in wesentlichen Punkten nicht informiert worden sei. Dies wird von Platzer entschieden dementiert. „Vertuscht worden ist überhaupt nichts. Die Investments sind jeweils den Gremien vorgelegt worden, denen sie vorgelegt werden mussten“, sagte der Banker.

Alle Kreditbeschlüsse seien durch den Kreditausschuss des Aufsichtsrats gegangen, der von Vertretern der Volksbanken besetzt war. Aufsichtsratschef der Kommunalkredit war der frühere ÖVAG-Chef Franz Pinkl, der inzwischen zur Hypo Group Alpe Adria gewechselt ist. Den Volksbanken macht das Debakel bei der früheren Tochter schwer zu schaffen. Die ÖVAG ist im Vorjahr tief in die Verlustzone gerutscht. Im Frühjahr erhielt sie vom Staat eine Finanzspritze von einer Milliarde Euro.

Kritik an Ministerin Schmied

Kommt es zum Prozess, wird eine Schlammschlacht befürchtet. Denn Platzer kündigte an, er werde „Punkt für Punkt klären, wie die Transaktionen abgestimmt gewesen“ seien. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) – sie saß von 2004 bis Jänner 2007 im Vorstand der Kommunalkredit – wies Vorwürfe vonseiten der ÖVP und der Opposition, sie sei für das Debakel mitverantwortlich, als „übelste Politpropaganda“ zurück. ÖVP-Funktionäre würden ihr „ins Gesicht“ sagen, die Anschuldigungen seien eine „gezielte ÖVP-Retourkutsche“ an die SPÖ für die Kritik an Ex-Finanzminister Molterer (ÖVP) wegen der Bundesfinanzierungsagentur, die sich in der Karibik verspekuliert hat. Laut Deloitte-Gutachten begann die Kommunalkredit im Jahr 2003 damit, hohe Risken einzugehen. Bis zum Ausscheiden von Schmied ist das Volumen der Kreditderivate auf sieben Milliarden Euro angestiegen.

AUF EINEN BLICK

Die Finanzmarktaufsicht (FMA)hat den früheren Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Platzer werden Bilanzfälschung und Untreue vorgeworfen. Der ehemalige Banker weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Die Kommunalkredit sei laut Platzer nicht die einzige Großbank in Österreich, die komplexe Finanzgeschäfte nicht zu ihren Marktwerten in der Bilanz verbucht habe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2009)

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