Nach wie vor sei nichts beschlossen, so RBI-Chef Sevelda bei der Halbjahresbilanz. Hinter den Kulissen gilt aber als sicher, dass RZB und die Osteuropa-Tochter fusionieren.
Wien. Eine Pressekonferenz anlässlich der Präsentation von Jahres- oder Halbjahreszahlen ist bei den heimischen Großbanken (sowie den meisten ATX-Unternehmen) Tradition. Und auch heuer traten die Unternehmenschefs von Bank Austria, Erste Bank oder Bawag in den vergangenen Wochen bereits vor die Medien, um gegenüber der Öffentlichkeit Fragen über die Zukunft ihrer Unternehmen zu beantworten. Besonders viele Fragen hätte es wohl bei der börsenotierten Raiffeisen Bank International (RBI) gegeben. Diese will ja im September bekannt geben, ob sie wie geplant mit der 60-Prozent-Mutter Raiffeisen Zentralbank fusionieren wird. Heuer fiel die Pressekonferenz zur Halbjahresbilanz allerdings aus. Die Zahlen wurden nur in einer – vor allem für Analysten gedachten – Telefonkonferenz präsentiert.
Dass viele Fragen zur Fusion gestellt werden, konnte dadurch allerdings auch nicht verhindert werden. Jedoch musste RBI-Chef Karl Sevelda bei einer Reihe von Themen die Antwort verweigern, weil „bisher noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden ist“. Dennoch umriss der Bankchef die derzeitigen Planungen. Demnach würde die RZB im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die RBI integriert werden. Beide Unternehmen würden derzeit von Investmentbanken beraten werden, die auch Bewertungsgutachten erstellen. Und aus diesen beiden Gutachten soll dann ein konkretes Umtauschverhältnis für die derzeitigen RZB-Aktionäre (die Raiffeisen-Landesbanken) erstellt werden.
Letzteres ist bei vielen RBI-Investoren Anlass zur Sorge. Denn es ist klar, dass die Fusion vor allem im Interesse der RZB erfolgt. „Das Hauptziel wäre die Verbesserung der Kapitalsituation bei der RZB“, sagte auch Sevelda am Donnerstag. Grund dafür ist, dass das Raiffeisen-Spitzeninstitut nicht an der Börse notiert, sondern nur die Tochter RBI. Dadurch können Anteile der Kleinaktionäre nicht voll in die Kapitalquote eingerechnet werden.
Allerdings hat die RZB mit 60 Prozent auch die Mehrheit der Anteile an der RBI. Und viele Anleger haben das negative Beispiel von 2010 vor Augen. Damals fusionierte die RBI mit den operativen Teilen der RZB und wurde nach Sicht vieler Anleger zu gering bewertet.
Hauptversammlung im Jänner
Um diese Sorgen zu zerstreuen, erklärte Sevelda, dass die Bewertungsgutachten von einem unabhängigen Prüfer noch einmal untersucht werden sollen. Und sie sollen auch vier Wochen vor der für Jänner geplanten außerordentlichen Hauptversammlung veröffentlicht werden. Auf dieser braucht es dann eine Zustimmung von 75 Prozent, damit der Plan angenommen wird.
Dass es eine Entscheidung gegen die Fusion gibt, gilt allgemein als weitgehend ausgeschlossen. Zu sehr überwiegen für Raiffeisen die Vorteile. So zählt auch Sevelda neben der Kapitalsituation die „Vereinfachung der Struktur, schnellere Entscheidungen und mehr Transparenz“ auf. Und auch die Regulierung verursacht stetig zusätzliche Kosten, die in einem integrierten Unternehmen einfach besser verteilt werden können.
Eine Fusion würde wohl auch beim Management zu Veränderungen führen. Sowohl Sevelda als auch RZB-Chef Walter Rothensteiner scheiden aus Altersgründen für die neue Spitzenfunktion aus. Und auch wenn es laut Sevelda noch „viel zu früh für Fragen nach dem künftigen Management“ ist, laufen hinter den Kulissen schon die Vorbereitungen für die Umgestaltung der Führungsebene. Diese dürfte nämlich ebenfalls schon im September bekannt gegeben werden. Und wie „Die Presse“ bereits berichtete, dürfte der bisherige Chef der RLB-Oberösterreich, Heinrich Schaller, dabei die besten Chancen haben.
Gewinnrückgang im Halbjahr
Auf den neuen Chef wird in jedem Fall eine Menge Arbeit zukommen. Denn auch wenn sich die wirtschaftliche Lage in einigen osteuropäischen Ländern verbessert hat und das Ziel einer Kapitalquote von 12,5 Prozent eineinhalb Jahre früher als erwartet erreicht wurde, musste RBI im ersten Halbjahr einen Gewinnrückgang hinnehmen (siehe Kasten).
ZAHLEN UND FAKTEN
Raiffeisen Bank International erzielte in den ersten sechs Monaten einen Zinsüberschuss von 1,46 Mrd. Euro, gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Minus von 13,4 Prozent. Da auch die Vorsorgen für notleidende Kredite um ein Drittel auf 403 Mio. Euro sanken, blieb der Vorsteuergewinn mit 450 Mio. Euro nahezu gleich. Unter dem Strich sank der Gewinn jedoch um 23,8 Prozent auf 210 Mio. Euro. Die Kapitalquote stieg von 12,1 auf 12,5 Prozent.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2016)