Schelling: "So etwas wie in Irland in Österreich völlig unmöglich"

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MINISTERRAT - PRESSEFOYER: SCHELLINGAPA/HERBERT NEUBAUER
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Der Finanzminister sieht den Fall Apple in Irland differenziert. Man müsse an die Konsequenzen denken. Wie viel Steuern Apple in Österreich zahle, falle unter das Steuergeheimnis.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) äußerte sich vor dem morgigen EU-Finanzministertreffen über die EU-Steuerentscheidung zu Apple in Irland. Er sehe den Fall differenziert, so Schelling. Wenn es stimme, dass Irland eine unerlaubte Beihilfe gewährt hat, dann sei es "ein korrekter Vorgang der EU-Kommission", die Rückzahlung zu fordern. Das System in Irland kannte jeder und daher sei es sehr richtig von der EU-Kommission so zu reagieren, wenn ohnehin der Kampf gegen Steuervermeidung verschärft werde.

Man müsse aber überlegen, was das für Konsequenzen habe. Denn Irland habe offenbar eine klare Vereinbarung mit dem Unternehmen getroffen und das Unternehmen habe sich wohl auch an diese gehalten. Daher berufe Irland auch gegen die EU-Kommissionsentscheidung, denn "wenn das Match verloren wird, müsste ja Irland dann geradestehen dafür".

Keine Einzelabsprachen in Österreich

Zugleich betont Schelling: "So etwas kann in Österreich gar nicht vorkommen, das ist völlig unmöglich." In Österreich gebe es solche Einzelabsprachen nicht, allfällige Sonderregeln wie die Gruppenbesteuerung seien als Systeme von der EU-Kommission genehmigt. Außerdem sei Österreich sehr aktiv im Kampf gegen Steuervermeidung, unter anderem habe man als eines der ersten Länder die länderweise Berichterstattung vorgeschrieben, Kontenregister gemacht und die Verrechnungsmodalitäten geändert. Auch der automatische Informationsaustausch ab 2018 werde helfen. "Wir arbeiten sehr sehr aktiv an diesen Maßnahmen, die mit Steuervermeidung zu tun haben", so Schelling. Wie viel Steuern Apple in Österreich zahle, falle aber unter das Steuergeheimnis und in die Tätigkeit der Steuerbehörden wolle er sich keinesfalls einmischen.

Beim informellen Treffen der Eurozonen-Finanzminister am Freitagvormittag und der EU-Finanzminister am Freitagnachmittag und Samstagvormittag in Bratislava wird auch vom EU-Vorsitz ein Vorschlag für einen "Krisenfonds" für die EU vorgelegt, der die Union gegen Schocks resistent machen soll. Das Thema läuft unter dem Titel "Vertiefung der Währungsunion". Die Mittel sollen laut einem Papier der Präsidentschaft für Notsituationen, unter Umständen auch für einen Fall besonders hoher Arbeitslosigkeit, zur Verfügung stehen.

"Dem Papier stehen nicht nur wir sondern viele Länder sehr skeptisch gegenüber", so Schelling, der an die Diskussion über die gemeinsame Einlagensicherung und eine europäische Arbeitslosenversicherung erinnert, die "nicht machbar" seien. Österreich werde sich "sehr genau anschauen, wie das konzipiert ist".

Brexit auf EU-Ebene diskutieren

Schelling möchte außerdem möglichst rasch auf EU-Ebene - ohne die Briten - darüber diskutieren, wie sich die Union den Austritt Großbritanniens vorstellt. "Während sich die Briten vorbereiten, was sie akzeptieren wollen und was nicht, gibt es innerhalb der Union keine Diskussion über die Minimalanforderungen", sagte Schelling vor dem morgigen EU-Finanzministertreffen zur APA. Es sei zwar richtig, dass die EU keine Verhandlungen führe, bevor der Brexit-Antrag vorgestellt wurde, es gehe aber nicht an, dass die verbleibenden drei großen Länder Deutschland, Frankreich und Italien nur untereinander über den Brexit sprechen und dann die kleineren Ländern vor vollendete Tatsachen stellen. "Es kann nicht angehen, dass uns dann mitgeteilt wird, was die drei großen irgendwie ausgemacht haben", kritisierte Schelling, dass zwar Angela Merkel, Francois Hollande und Matteo Renzi bei ihren Dreier-Treffen über den Brexit sprechen, nicht aber die EU-Gremien. "Ich glaube, das macht auch einen Teil der Verdrossenheit der Bevölkerung gegenüber der EU aus, dass sie sagen, die Großen richten sich das irgendwie und wir müssen da mithupfen."

Seines Wissens seien viele Länder der Meinung, dass sich die EU vorbereiten müsse. Die EU-Kommission, die dann die Verhandlungen führen werde, brauche "klare Direktiven, was überhaupt zu verhandeln ist". Schelling selber ist dabei "noch nicht überzeugt, dass der Antrag überhaupt schon im ersten Quartal 2017 kommen wird".

(APA)

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