Wochenlang stritten die Landesräte Strugl und Stelzer über die Kontrolle der Finanzen nach dem Abgang des Landeschefs. Jetzt gibt es eine "Lösung für den Tag X".
Linz. Die Gerüchteküche brodelte, nachdem der oberösterreichische Landeshauptmann, Josef Pühringer (ÖVP), gestern überraschend eine Pressekonferenz angesetzt hatte. Am Nachmittag war dann klar: Pühringer (66), der voriges Jahr sein 20-Jahr-Amtsjubiläum gefeiert hat, dankt zumindest vorläufig noch nicht ab. Wann er sich von der Spitze zurückzieht, ist weiter offen („Es wird nicht in allernächster Zeit sein, es wird aber auch nicht am Ende der Legislaturperiode sein“). Aber immerhin gibt es jetzt eine „Lösung für den Tag X“: Gestern wurde der wochenlange Streit darüber beigelegt, wer die Kontrolle über die oberösterreichischen Finanzen bekommt, wenn Pühringer denn geht.
Das ist sein derzeitiger Stellvertreter und Wunschnachfolger, Thomas Stelzer (ÖVP). Er soll nicht nur den Landeshauptmannjob, sondern auch das Finanzressort bekommen. Das Ressort von Wirtschaftslandesrat Michael Strugl (ÖVP) wird nach dem Rückzug Josef Pühringers zu einem sogenannten Standortressort, das neben der Wirtschaft die Bereiche Wissenschaft und Forschung beinhaltet. Strugls angedrohter Abgang zur Energie AG – der Posten von Generaldirektor Leopold Windtner wird im Herbst 2017 frei – ist damit vom Tisch.
Streit ramponierte das Image der ÖVP
Der wochenlang dauernde, auch öffentlich ausgetragene Streit über das prestigeträchtige Finanzressort hat im Sommer einige Unruhe in die oberösterreichische ÖVP gebracht und das Image der Landespartei zusehends ramponiert. Eine aktuelle Umfrage prophezeite der ÖVP, Platz eins im Land an die FPÖ zu verlieren. Beobachter berichteten von einem Spalt durch die Partei und davon, dass Landeshauptmann Pühringer die Zügel nicht mehr in der Hand habe – was dieser stets bestritt. Bei der gestrigen Pressekonferenz sprach er allerdings auch von „spürbarer Unruhe“ in den eigenen Reihen.
Strugl fällt kein Zacken aus der Krone
Der 53-jährige Strugl zeigte sich mit dem Kompromiss zufrieden, obwohl er bereits „die innere Entscheidung getroffen hatte, in die Wirtschaft zu wechseln“. Auch wenn die Finanzhoheit künftig in den Händen des Landeschefs bleibe, falle ihm kein Zacken aus der Krone, sagte er. Immerhin werde er gemeinsam mit dem Landeshauptmann in spe – also mit dem 49-jährigen Stelzer – die mittelfristige Finanzplanung für Oberösterreich ausarbeiten und das Budget erstellen.
„Freunde durchleben Höhen und tiefe Täler“, kommentierte Stelzer die vergangenen Wochen. „Wenn nicht immer alles easy-going ist, bewährt sich Freundschaft.“ Der Vizelandeschef hatte stets darauf gepocht, dass das Finanzressort beim Landeshauptmann bleibt, da dieser „finanzielle Gestaltungshoheit“ benötige. Laut Landeshauptmann Pühringer habe er selbst gar nicht eingegriffen: Die beiden Konkurrenten um das Finanzressort hätten sich letztlich bilateral auf die Lösung verständigt.
ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, selbst Oberösterreicher, ist erfreut, dass es zu einer Einigung gekommen ist. Das sei eine gute Aktionsbasis für die Zukunft. (APA/beba)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2016)