OÖ: Das erste Jahr des aktiven blauen "Juniorpartners"

Josef Pühringer und Manfred Haimbuchner
Josef Pühringer und Manfred Haimbuchner (c) APA (Helmut Fohringer)
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Seit einem Jahr regiert in Oberösterreich Schwarz-Blau. Die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte, eine Deutschpflicht oder die Abkehr von der Energiewende zeugen dabei von einer blauen Handschrift.

Seit knapp einem Jahr regiert in Oberösterreich Schwarz-Blau. Und es zeigt sich: Die "blaue Handschrift", die Landeshauptmann-Stellvertreter und FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner bei der Präsentation des Regierungsprogramms angekündigt hat, ist nicht verblasst. Vielmehr bezeugen viele Projekte (einige davon warten noch auf ihre Realisierung) der Koalition, die offiziell nur ein Arbeitsübereinkommen sein will, den freiheitlichen Einfluss: die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte, eine Deutschpflicht oder Wertekodizes in Schulen sowie die Abkehr von der Energiewende.

Während die Deutschpflicht sich bisher nicht umsetzen ließ - das Land kann sie nicht verpflichtend verordnen, der Bund lehnt sie ab - und der Wertekodex unter Federführung des schwarzen Landeshauptmann-Vize Thomas Stelzer eher mild ausfiel, hat Oberösterreich mit der Kürzung der Mindestsicherung einen bundesweit sichtbaren Pflock eingeschlagen. Dieser setzt die anderen Länder, die eine Abwanderung zu ihnen befürchten, unter Zugzwang.

Aber auch eine Abkehr von der bisherigen Energiepolitik wurde eingeläutet. Statt die Förderung alternativer Energie mit ihren Green Jobs wird laut Arbeitsübereinkommen "verstärkt die Industrie berücksichtigt", weshalb der Bereich Energie wieder aus dem Umweltressort gelöst und zur Wirtschaft hinzugegeben wurde. Haimbuchner, auch für den Wohnbau zuständig, sorgte dafür, lässt die Förderung für Solaranlagen auslaufen. Nach einem Aufschrei der Wirtschaft sorgte die ÖVP allerdings für eine längere Übergangsfrist als von ihrem Partner geplant. Dieser hatte auf die Frage der Grünen, was er denn im Bereich Wohnbau in den nächsten Jahren für den Klimaschutz tun werde, kurz und bündig geantwortet: "Nichts".

Die Volkspartei, ein wenig vom Regieren abgelenkt

Die ÖVP war im ersten schwarz-blauen Jahr hingegen ein wenig vom Regieren abgelenkt. Sie war damit beschäftigt, für Ordnung in den eigenen Reihen zu sorgen und Wogen zu glätten. Begonnen hatte es mit einer Kampfabstimmung nach der Wahl zwischen Doris Hummer, Max Hiegelsberger und Michael Strugl. Alle drei wollten auch künftig der Landesregierung angehören, allerdings hatten die Schwarzen einen ihrer fünf Sitze verloren. Hummer blieb auf der Strecke. Nachdem auch die SPÖ nach ihrer Wahlniederlage einen Landesratsposten, den weiblich besetzten, abgeben mussten, waren in Oberösterreich mit einem Schlag nur mehr Männer am Ruder.

Doch dies war nicht die einzige Erklärungsnot, in die der Landeshauptmann geriet. Bei den Koalitionsverhandlungen hatte nicht er, sondern Landesrat Michael Strugl die Richtung vorgegeben. Gestützt vom Wirtschaftsflügel präferierte er für ein Zusammengehen mit den Blauen, noch bevor Pühringer die erste Verhandlungsrunde eröffnet hatte. Diesen Sommer preschte der Landesrat erneut mit einer Ansage vor: Nach Pühringers Abgang als Landeshauptmann sollten die Finanzagenden zu ihm ins Wirtschaftsressort wandern. Dies führte zu Unstimmigkeiten mit Pühringers mutmaßlichem Nachfolger Stelzer, der die Finanzhoheit nicht abzugeben gedenkt. Erst als eine Umfrage Anfang September die FPÖ vor der ÖVP auf Platz eins sah, forderte Pühringer selbst eine Lösung im Konflikt, um den Sinkflug seiner Partei zu stoppen.

Die FPÖ-Mannschaft wirkt dagegen häufig so, als hänge sie noch immer in der Oppositionsrolle fest. Während Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner eher als Sacharbeiter auffällt, sparen Haimbuchner und Klubobmann Herwig Mahr nicht mit markigen Sprüchen. Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek ergeht sich gerne in Warnungen vor verschiedenen Gefahren - vom Blackout bis hin zu "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" wegen der vielen Muslime. Die Polizei ist weder mit seinen Zuspitzungen glücklich, wie etwa am Freitag in den "Oberösterreichischen Nachrichten" zu lesen war, noch mit der Titulierung als "Sicherheits"-Referent an sich.

FPÖ in Oberösterreich

Laut dem Meinungsforschungsinstitut Sora wechselten 84.000 ÖVP-Wähler bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr am 27. September zur FPÖ. In Summe konnten die Freiheitlichen bei dem Urnengang ihren Stimmanteil auf 30,4 Prozent verdoppeln, während die Volkspartei um zehn Prozentpunkte auf 36,4 Prozent absackte. Es folgten "Gespräche auf Augenhöhe", zwischen dem freiheitlichen Landeschef Manfred Haimbuchner und ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer. Letzterer entschloss sich schließlich, seinen "Juniorpartner" auszutauschen. Nach zwölf Jahren wurde aus Grün Blau, angelobt am 23. Oktober.

Die SPÖ war nach ihrer Wahlniederlage - nur mehr 18,4 statt 24,9 Prozent - zunächst mit sich selbst beschäftigt. Wahlverlierer und Parteichef Reinhold Entholzer bekam von der mächtigen Linzer SPÖ das Vertrauen entzogen und stellte sich nicht mehr zur Wiederwahl. AK-Präsident Johann Kalliauer übernahm interimistisch, bis nach schwieriger Suche im Sommer die oberösterreichische AMS-Leiterin Birgit Gerstorfer als neue Parteivorsitzende und Landesrätin präsentiert wurde. Sie bekam mittlerweile von der ÖVP das Frauenressort "geliehen" - solange bis die Volkspartei wieder eine Frau in ihren Reihen hat.

Den größten Brocken hatten aber wohl die Grünen zu verdauen. Trotz eines Plus am Wahlabend von knapp einem Prozentpunkt auf 10,2 Prozent musste die Partei doch nach zwölf Jahren aus der Koalition gehen. Die Stimmenverluste der ÖVP waren so groß, dass sich eine Regierungsmehrheit nicht mehr ausging. Wegen des Proporzsystems in OÖ stellen die Grünen mit Rudi Anschober aber immer noch einen Landesrat. Diesem wurde sein Leitprojekt Energie weggenommen und das ungeliebte Ressort Integration aufgehalst, was er aber inzwischen mit großem Elan betreibt.

(APA)

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