Betten-Reiter: "Schweizer sind kuscheliger als Österreicher"

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Archivbild.(c) Michaela Bruckberger
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Seit den 1950er-Jahren stellt Betten-Reiter Decken und Pölster in der Nähe von Linz her. Noch immer gibt es Näherinnen – und eine besondere Maschine.

Leonding. Es ist eine kleine Maschine, gleich auf der linken Seite oben im zweiten Stock, wo die Ballen aus Kamelhaar, Baumwolle und Kaschmir verarbeitet werden. Sie hat schon ein wenig Staub angesetzt, aber sie ist jederzeit einsetzbar. „Damit“, sagt Peter Hildebrand, und deutet auf die Maschine, „kann man sich etwas sehr Exklusives machen lassen: Wenn man uns die Wolle vom eigenen Schaf bringt, machen wir daraus eine Decke.“

Ein solches Service mag für ein kleines Unternehmen eine Besonderheit sein, für eine Firma mit mehr als 80 Millionen Euro Umsatz im Jahr ist es eine Extravaganz. „Wir bieten es an, weil es für manche unserer Kunden wichtig ist“, sagt Hildebrand. „Früher haben die Menschen noch öfter die eigene Schafwolle verarbeiten lassen, heute ist es weniger geworden. Aber deswegen geben wir es nicht auf.“

Man leistet es sich, so wie die Näherin, die weiter hinten mit einer Nähmaschine die Decken fertig vernäht und zuschneidet. „Vor 15 Jahren haben wir uns überlegt, ob die Fertigung von Steppdecken in Österreich noch wirtschaftlich ist. Ob es nicht für das Unternehmen besser wäre, wenn wir die Herstellung in Leonding zusperren und alle Produkte zukaufen.“ Man hat es nicht getan. Einerseits, weil sonst Know-how verloren gegangen wäre, andererseits weil „es auch um die Arbeitsplätze geht“, meint. Hildebrand. Man habe als Unternehmer schließlich auch eine Verantwortung den Mitarbeitern gegenüber.

100.000 Decken und Pölster

Heute fertigt man etwa 100.000 Pölster und Decken in der Manufaktur in Leonding bei Linz, etwas weniger als ein Drittel der verkauften Produkte. 83,3 Millionen Euro Umsatz machte Betten-Reiter im abgelaufenen Geschäftsjahr, in Österreich arbeiten 412 Mitarbeiter an 18 Standorten für das Familienunternehmen. Dass der Umsatz in den vergangenen Jahren stetig leicht stieg, habe man unter anderem auch der eigenen Produktion zu verdanken, meint Peter Hildebrand, der gemeinsam mit seiner Frau Cornelia 66,6 Prozent an dem in den 1950er-Jahren gegründeten Unternehmen hält. „Für immer mehr Kunden ist es heutzutage wichtig, woher das Produkt kommt und wie es gefertigt wurde.“

Darauf hat das oberösterreichische Unternehmen bereits früh reagiert. Als eines der ersten Unternehmen in ganz Europa stellte man bereits 2007 sicher, dass die Baumwolle aus einer Fairtrade-Landwirtschaft stammt. Mittlerweile hat man auch Zertifikate von GOTS, das eine ökologisch und sozial verantwortliche Textilproduktion sicherstellt, zudem arbeitet Betten-Reiter mit Tierschutzorganisationen zusammen.

„Lebendrupf gibt es bei unseren Daunen nicht“, erklärt der 68-jährige Hildebrand. Das passe nicht zur Firmenphilosophie und auch nicht zu den Anforderungen der Kunden. Deshalb habe man strenge Richtlinien für Lieferanten erlassen: „Wenn wir jemandem Lebendrupf nachweisen, muss er alles, was wir ihm bisher für seine Lieferungen bezahlt haben, für den Tierschutz spenden.“

Dass das Umfeld in Österreich für Unternehmer schwierig ist, beklagt auch Hildebrand. Es gebe immer neue Vorschriften und Auflagen. „Wenn alle Parameter gleich blieben – der Umsatz, der Gewinn –, wäre man trotzdem nach zehn, 15 Jahren pleite, weil die Kosten für die Kollektivverträge und die Gebühren ständig steigen.“ Es sei gerade im Geschäftsbereich von Betten-Reiter eine Herausforderung, Umsatz und Gewinn zu steigern: „Eine Decke ist viereckig und weiß. Man muss sich schon hervortun und innovativ denken, um sich aus der Fülle von Diskontern, von Online-Shops und internationalen Marken abzuheben und die Kunden von den eigenen Produkten zu überzeugen.“

Deshalb hat sich das Unternehmen im Dezember vergangenen Jahres neu aufgestellt und mit dem 32-jährigen Ralph Hofmann einen eigenen Geschäftsführer für Marketing, Werbung und Vertrieb in die Firmenführung geholt. Das Führungsteam besteht jetzt aus Peter Hildebrand als Unternehmenssprecher, Monika Zechmeister (Finanzen, Controlling, Personalwesen) und Hofmann. Christian Pichler hat die Verantwortung für Produktmanagement und Produktion übernommen.

Bei den Betten und Decken gibt es übrigens recht deutliche Unterschiede nach den Regionen. „Die beliebteste Deckengröße in der Schweiz ist 160 auf 220 Zentimeter.“ Die Österreicher bevorzugen 140 auf 200 Zentimeter. „Die Schweizer“, schlussfolgert Hildebrand, „sind kuscheliger als die Österreicher.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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