Die heimische Geheimniskrämerei um den EU-Posten ist ein Unikum. Ist das notwendig?
Eines muss man der Regierung lassen: Sie macht EU-Politik derzeit unglaublich spannend. Und so geheimnisvoll! Wer wird nun als EU-Kommissar nach Brüssel geschickt, lautet das große Mysterium. Kaum dringt ein Name durch, taucht schon der nächste auf. Ja – und sogar EU-Kommissionspräsident José Barroso persönlich soll sich eingemischt und seine Vorlieben zur Auswahl aus Wien zum Ausdruck gebracht haben!
Doch scheint der Posten endlich einigermaßen fix vergeben, folgt das halbherzige Dementi. Und die Frage: Wer hat ihn oder sie ins Spiel gebracht? Welches parteipolitische Machtkalkül steckt jetzt schon wieder dahinter? So brodelt die Gerüchteküche vor sich hin.
Ist das notwendig? Diese etwas intrigante Geheimniskrämerei ist ein österreichisches Unikum. In keinem anderen EU-Land wird über den Namen des EU-Kommissars öffentlich so wild spekuliert wie hier, in keinem anderen EU-Staat wird ein so großes Geheimnis um dessen Bestellung gemacht. Vor allem: In kaum einem anderen EU-Mitgliedstaat wird die Postenvergabe so sehr für regierungs- und parteiinterne Machtkämpfe missbraucht wie in Österreich.
In den EU-Hauptstädten wundert man sich bereits. Aber nicht nur deshalb wäre endlich Transparenz angebracht: Die Regierung sollte der EU-skeptischen Bevölkerung signalisieren, dass es beim EU-Kommissar um mehr geht als um das übliche großkoalitionäre Postenschachermachtspiel.
susanna.bastaroli@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2009)