Telekom: Wer hat das Sagen in Österreich?

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Die Österreich-Tochter A1 fürchtet bei der Neuaufstellung des Konzerns um ihre Selbstständigkeit. Der Betriebsrat kämpft um seinen Einfluss.

Wien. Der Staat soll bei wichtiger Infrastruktur, also bei Telekom-, Strom- und Gasnetzen, die Kontrolle haben und nicht aus der Hand geben. Mit diesem Wunsch heizt nicht nur die ehemalige SPÖ-Spitzenpolitikerin und ÖBB-Aufsichtsratschefin Brigitte Ederer die Debatte um Privatisierungen regelmäßig an. Ederers Parteikollegen, aber auch Vertreter des bürgerlichen Lagers teilen ihre Meinung, die sie gerade bei der Debatte um den Verkauf der OMV-Tochter Gas Connect Austria wieder einmal deponiert hat.

Der Ölriese ist nicht der einzige teilstaatliche Konzern, der in diesem Zusammenhang für Kontroversen sorgt. Auch bei der Telekom Austria wird regelmäßig über eine Ausgliederung der Infrastruktur, die zum Großteil am Österreich-Geschäft (A1) hängt, spekuliert „Die Presse“ berichtete am 17. März). Mehr als Wunschdenken ist daraus allerdings nicht geworden, weil die enge Verzahnung von Fest- und Mobilnetztechnologie inzwischen eine Trennung weder technisch noch wirtschaftlich möglich macht.

Umso erstaunlicher, dass just Telekom-Aufsichtsratspräsident Wolfgang Ruttenstorfer das Thema jetzt aufgreift. „Teile der Politik wollen die Telekom zerschlagen“, schlägt Ruttenstorfer Alarm. „Das wäre das Ende des Unternehmens.“ Wer diesen Plan betreibt, will er freilich im Gespräch mit der „Presse“ nicht sagen.

Faktum ist, dass Ruttenstorfer in diesem Punkt nicht nur einig mit dem Telekom-Mehrheitseigentümer America Movil (Amov) ist, dessen Statthalter in Wien Konzernchef Alejandro Plater ist. Auch Betriebsratschef Walter Hotz ist gegen die Zerschlagung. Das Netz in österreichischer Hand wäre zwar „wunderbar“, aber die Abspaltung sei heute nicht mehr machbar, bestätigt Hotz.

(c) Die Presse

Damit ist aber schon Schluss mit der Einigkeit. Im Gegenteil: Platers mit viel Verve betriebene Strategie, die Telekom zu einem echten Konzern zu formen und sie als Wachstumsplattform in Europa zu nutzen, sorgt für einen mindestens ebenso großen Wirbel. Wobei diesmal die Fronten quer durch das Unternehmen verlaufen. Kein Wunder, geht es doch – wie so oft – um Macht und deren drohenden Verlust.

Weisungsgebundene GmbH

Und das kommt so: Um die unter dem Holding-Dach gebündelten acht Töchter enger zusammenzuführen und so Synergien zu heben, wird eine gesellschaftsrechtliche Änderung überlegt. Konkret sollen die Töchter, die Aktiengesellschaften sind, in GmbH umgewandelt werden, bestätigt Ruttenstorfer einen „Kurier“-Bericht. „Die Analyse der Vor- und Nachteile läuft.“ Ein Ergebnis gebe es noch nicht, auch nicht einen Vorstandsbeschluss. Ruttenstorfer dementiert aber nicht, dass das heiße Eisen bei der nächsten Aufsichtsratsstrategiesitzung am 10. und 11. November höchstwahrscheinlich auf der Tagesordnung steht.

Für harte Bandagen ist dort jedenfalls gesorgt. Während Ruttenstorfer im Gleichschritt mit den Mexikanern und natürlich Plater die GmbH-Variante unterstützt, wehrt sich nicht nur die bisher weisungsfrei agierende A1-Mannschaft unter Margarethe Schramböck. Als GmbH hätte Plater die größte Telekom-Tochter, die für fast drei Viertel des operativen Gewinns steht, voll an der Kandare. Was für den Argentinier gewöhnungsbedürftig, aber letztlich logisch ist. „Ein Konzern, eine Strategie, ein Ziel“, sagte Plater über seine Ambitionen schon im „Presse“-Interview Anfang August.

Auch Hotz bekämpft den Plan. Freilich spielen dabei nicht nur patriotische Gefühle eine Rolle. Der A1-Betriebsrat würde nämlich – im Gegensatz zu dem der Holding – ebenfalls Macht und Einfluss verlieren. Doch nicht alle seiner Kollegen sehen die Sache so dramatisch wie er. Es gehe viel eher darum, den Standort Wien für die Konzernzentrale und die Börsenotierung zu erhalten, sagt ein anderer Arbeitnehmervertreter.

Das Ganze hat eine unschöne Begleitmusik: Ein Gespräch, das Ruttenstorfer vorigen Freitag mit Finanzminister Hans Jörg Schelling über die Zukunft der Telekom geführt hat, dürfte nicht so friktionsfrei gelaufen sein, wie Ruttenstorfer das gern darstellt. Schelling soll seinen Rücktritt gefordert haben, wird kolportiert. Das kommentiert er nicht. Aber er sagt: „Ich bin gern Aufsichtsratsvorsitzender und denke nicht an Rücktritt.“

Was er sich wünsche? „Die Eigentümer (America Movil und die Staatsholding ÖBIB, Anm.) sollen bald eine Entscheidung zur Strategie treffen.“ Das könne er nicht, er sei nicht der Eigentümer. Aber: „Auch ich muss auf das Wohl des Unternehmens schauen.“ [ Foto: Fabry ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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