Yahoo bangt um Übernahme

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Der Diebstahl von 500 Millionen Nutzerdaten ist für Yahoo nicht nur peinlich, sondern könnte auch teuer werden: Verizon versucht nun, den Kaufpreis für die Übernahme zu drücken.

Wien/Washington. Auf Mira Modi könnte einige Arbeit zukommen. Die elf Jahre alte Schülerin generiert und verkauft sichere Passwörter (www.dicewarepasswords.com), bessere Passwörter also als „Passwort“ oder „12345“. Und ein paar Personen werden wohl in den kommenden Tagen neue benötigen: Denn nach dem Hack von 500 Millionen Userkonten empfiehlt Yahoo seinen Nutzern, die Passwörter zu ändern – so sie dies seit 2014 nicht getan haben.

Das ist das eigentlich Erstaunliche beim wohl größten Datenklau in der Geschichte des Internets: Passiert ist er nämlich bereits im Jahr 2014, doch erst jetzt hat Yahoo den Diebstahl Hunderter Millionen Kundendaten bemerkt. Dabei geistern bereits im August Meldungen durch das Internet, dass ein Hacker Daten von 200 Millionen Yahoo-Nutzern anbiete. Erst durch diese Meldungen soll das Unternehmen laut Auskunft einer mit der Angelegenheit vertrauten Person auf das Thema aufmerksam geworden sein. Bei eigenen Untersuchungen wurde der Datendiebstahl schließlich entdeckt.

Kaufpreis von 4,8 Mrd. Dollar

Gestohlen wurden Angaben zu Namen, Telefonnummer, Geburtsdatum, E-Mail-Adressen, das Passwort und auch die Antworten auf Sicherheitsfragen.

Für den Internet-Pionier Yahoo ist das nicht nur peinlich, es könnte auch ziemlich teuer werden. Nicht wegen Userklagen, sondern wegen der gerade laufenden Übernahme durch den US-Telekomriesen Verizon. Analysten gehen zwar nicht davon aus, dass die Übernahme abgeblasen wird. Yahoo-Firmenchefin Marissa Mayer werde aber auf jeden Fall um den Deal kämpfen müssen. Denn Verizon dürfte nun einen spürbaren Preisnachlass durchsetzen wollen. Die Verizon-Führung hielt sich am Freitag bedeckt: „Wir werden im Fortgang der Ermittlungen eine Bewertung vornehmen, die sich nach den Gesamtinteressen von Verizon orientiert“, hieß es in einer Mitteilung zum Hacker-Angriff.

Erst im Juli hatte die kriselnde Internetfirma mit Verizon die Übernahme ihres Kerngeschäfts für 4,8 Mrd. Dollar (4,3 Mrd. Euro) vereinbart. Der Yahoo-Chefin war es zuvor nicht gelungen, das von den Rivalen Google und Facebook an den Rand gedrängte Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Verizon gab an, erst vor zwei Tagen vom Datendiebstahl informiert worden zu sein.

Analyst Robert Peck von der Investmentbank Sun-Trust Robinson Humphrey geht davon aus, dass Verizon den Preis nun um 100 bis 200 Mio. Dollar drücken will – abhängig davon, wie viele Nutzer Yahoo den Rücken kehren. Anwalt Steven Caponi von der Kanzlei K&L Gates erläuterte, Verizon könnte die Vertragsbedingungen neu aushandeln oder vielleicht sogar von der Transaktion ganz zurücktreten, sollte der Datenklau eine gravierende Änderung der Geschäftsgrundlage bedeuten.

Sicherheitsfachleute werten die Cyberattacke als neue Eskalationsstufe. „Das ist der größte Datendiebstahl der Geschichte“, sagte Verschlüsselungsexperte Bruce Schneier. Es wurden mehr als dreimal so viele Informationen geklaut wie bei ähnlich gelagerten Großangriffen, etwa auf eBay.

Offen ist, wer hinter der Aktion steckt. Das Unternehmen selbst sprach von einem Angreifer, der von einem Staat unterstützt worden sei. Das sorgte für hämische Kommentare, etwa vom Sicherheitsexperten Graham Cluley: „Bei einem Diebstahl von 500 Millionen Daten würde ich auch sagen, ein Staat stecke dahinter – statt eine Bande von 15-Jährigen.“

Russen als Hacker?

Timothy Carone von der Notre-Dame-Universität meint, der Angriff auf Yahoo passe ins Bild der Hacker-Attacken von Staaten wie China, Russland oder Nordkorea. In US-Geheimdienstkreisen wurde an ähnliche Attacken erinnert, die auf eine Beteiligung russischer Nachrichtendienste hindeuteten.

Yahoo rief jedenfalls dazu auf, nicht nur die Passwörter zu ändern, sondern auch E-Mail-Eingänge auf verdächtige Aktivitäten hin zu überprüfen. Nutzer sollten nicht auf Links klicken oder verdächtige Dokumente herunterladen, so könnten Kriminelle Schadsoftware auf dem Computer installieren. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2016)

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Der Vorfall soll sich 2014 ereignet haben. Passwörter im Klartext oder Kreditkarten- und Bankkonto-Daten sollen nicht entwendet worden sein.

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