Ein Ende des Patts in Spanien in Sicht

Mariano Rajoy wird Ministerpräsident einer Minderheitsregierung in Spanien.
Mariano Rajoy wird Ministerpräsident einer Minderheitsregierung in Spanien.APA/AFP/EMMANUEL DUNAND
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Die Sozialisten haben angekündigt, eine konservative Minderheitsregierung dulden zu wollen. Am kommenden Wochenende wird darüber abgestimmt.

Spanien bekommt nach gut zehn Monaten wieder eine voll handlungsfähige Regierung. Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) hat am Sonntag in Madrid beschlossen, eine weitere Amtszeit des konservativen geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu ermöglichen, wie Parteisprecher mitteilten. Seit der Parlamentswahl im Dezember 2015 war bisher keine Regierungsmehrheit zustande gekommen.

Auch Neuwahlen im Juni änderten an der politischen Lähmung des Landes nichts. Zwar hatte die Volkspartei (PP) die Wahl gewonnen, doch gelang es Rajoy weder, ein Bündnis mit der PSOE zu schmieden, noch konnte er die Sozialisten unter ihrem mittlerweile zurückgetretenen Parteichef Pedro Sanchez zur Tolerierung einer Minderheitsregierung bewegen. Die entscheidende Abstimmung im Parlament findet nunmehr voraussichtlich am kommenden Wochenende statt.

Sozialisten wollen sich enthalten

139 Mitglieder der PSOE stimmten für die Duldung einer Minderheitsregierung Rajoys, 96 dagegen, wie spanische Medien mitteilten. Das Parlament wird nun vor Ablauf der Frist am 31. Oktober eine Abstimmung über die Regierungsbildung ansetzen. Dabei wollen sich die Sozialisten der Stimme enthalten.

"Es ging darum, das kleinere Übel zu wählen", sagte der Präsident des Interimsvorstands der Sozialisten, Javier Fernandez, vor der Abstimmung des 250-köpfigen Gremiums. Eine schwache konservative Regierung sei besser als eine Neuwahl im Dezember.

Podemos: De facto eine "große Koalition"

Der Chef der linken Protestpartei Podemos (Wir Können), Pablo Iglesias, hat die spanischen Sozialisten (PSOE) kritisiert, weil sie sich zur Duldung einer konservativen Minderheitsregierung entschlossen haben. In Madrid sei nun de facto "eine große Koalition" entstanden, meinte Iglesias am Sonntag in einer ersten Reaktion auf den Beschluss des PSOE-Bundeskomitees.

Der Präsident des Interimsvorstands der Sozialisten, Javier Fernandez, wies derweil alle Kritik zurück und versicherte, die Duldung der konservativen Regierung bedeute nicht, dass man diese unterstützen werde. "Die PSOE führt die Opposition an, und das wird so bleiben", beteuerte Fernandez.

Seit fast einem Jahr keine reguläre Regierung

Die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone hat seit der Wahl vom 20. Dezember 2015 wegen einer Pattsituation keine reguläre Regierung. Der seit Dezember 2011 regierende Rajoy ist seitdem nur noch geschäftsführend im Amt. Bei der Neuwahl am 26. Juni hatte sich seine Volkspartei (PP) als stärkste Kraft behauptet, die im Dezember verlorene absolute Mehrheit aber erneut deutlich verpasst.

PSOE-Chef Pedro Sanchez war es, der lange Zeit eine weitere Amtszeit Rajoys blockiert hatte. Nach zunehmender interner Kritik war er aber am 1. Oktober zurückgetreten. Vor der Abstimmung vom Sonntag hatte es allerdings heftige Debatten gegeben. Hunderte von PSOE-Mitgliedern hatten am Samstag vor der Partei-Zentrale gegen die Duldung Rajoys protestiert.

Die Zeit hatte gedrängt. Wenn sich die Parteien bis zum 31. September nicht auf einen Regierungschef geeinigt hätten, hätte König Felipe VI. das Parlament auflösen und die Bürger zum dritten Mal innerhalb eines Jahres an die Urnen rufen müssen.

(APA/dpa/Reuters/EFE)

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