Rajoy will notfalls wieder wählen lassen

Spain´s acting PM Rajoy gestures during a news conference at Moncloa Palace in Madrid
Spain´s acting PM Rajoy gestures during a news conference at Moncloa Palace in Madrid(c) REUTERS (SERGIO PEREZ)
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König beauftragt Volkspartei-Chef mit Regierungsbildung. Rajoy ruft zur Kooperation bei Reformen auf.

Madrid. Nach mehr als zehn Monaten politischem Stillstand könnte es nun endlich klappen. Spaniens König, Felipe, beauftragte den bisherigen provisorischen Regierungschef, den Konservativen Mariano Rajoy, mit der Bildung eines Minderheitskabinetts. Es hat gute Chancen, vom Parlament am Wochenende bestätigt zu werden. Damit scheint eine Zitterpartie vorerst zu Ende zu gehen, die das Euro-Krisenland und ganz Europa monatelang in Atem gehalten hat.

Ein heißer Herbst steht bevor

Nun muss sich Rajoy, der im Dezember 2015 seine absolute Mehrheit verloren hat und seitdem nur noch geschäftsführend im Amt ist, einem Vertrauensvotum stellen. Die Sozialisten versprachen nach langem internen Streit, dass sie Rajoy im zweiten Durchgang am Samstag durch Enthaltung ins Amt helfen wollen. Damit wäre eine Wiederholung der Parlamentswahl – es wäre die dritte innerhalb eines Jahres gewesen – erst einmal abgewendet. „Ich habe den Auftrag des Königs angenommen“, verkündete er nach dem Treffen mit Felipe. „Ich bin mir aber der Schwierigkeiten bewusst, mit einer Minderheitsregierung anzutreten.“ Rajoy gab zu verstehen, dass er unter Umständen 2017 eine Neuwahl erzwingen werde, wenn das Parlament nicht mit seinem Minderheitskabinett zusammenarbeite. Erste Feuerprobe dürfte die Verabschiedung des Haushaltsplans 2017 sein, den die Sozialisten nicht mittragen wollen. Da Spanien auch 2016 wieder über das vereinbarte Etatdefizit von 3,1 Prozent des BIPs hinausschießen dürfte, forderte die EU-Kommission milliardenschwere Einsparungen. Die linkspopulistische Podemos kündigte bei weiteren Sparbeschlüssen Demonstrationen an – ein heißer Herbst steht bevor.

Rajoy ist seit Dezember 2011 Premier. Nach unpopulären Sparmaßnahmen und Korruptionsskandalen in seiner Partei verlor er an Rückhalt in der Bevölkerung. Weder nach der Parlamentswahl Ende 2015 noch nach der Neuwahl im Juni 2016 schaffte er es, eine neue Regierung auf die Beine zu stellen. Sowohl Rajoy als auch der – inzwischen zurückgetretene – Sozialistenchef Pedro Sánchez hatten in den vergangenen Monaten vergeblich versucht, eine ausreichende Mehrheit im zersplitterten Parlament hinter sich zu scharen. Dort sind der linke und der rechte Machtblock etwa gleich groß – und blockierten sich bisher gegenseitig. Ein Patt, dass zur Folge hatte, dass seit mehr als 300 Tagen alle Reformen auf Eis liegen. Den Durchbruch brachte ein Kurswechsel der Sozialisten, die durch Stimmenthaltung eine neue Amtszeit des Konservativen ermöglichen wollen.

In der Vertrauensabstimmung braucht Rajoy im ersten Durchgang am Donnerstag die absolute Mehrheit, die er nicht hat. Seine Volkspartei kommt nur auf 137 Mandate. Zudem sagte die zentristische Ciudadanos zu, mit ihren 32 Abgeordneten für Rajoy zu stimmen. In der zweiten Runde am Samstag braucht Rajoy nur noch die einfache Mehrheit – die nun dank der angekündigten Enthaltung der Sozialisten sicher scheint.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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