Wirtschaftspaket light: Impulse für KMU

Konjunktur. Eine Investitionsprämie im Volumen von 175 Mio. Euro ist der Kern der von der Regierung beschlossenen Maßnahmen. Sie will damit auch 25.000 Arbeitsplätze schaffen. Opposition und Industrie fordern mehr Mut.

Wien. Impulsarm und richtungslos – so präsentiert sich Österreichs Wirtschaftslage, wenn man der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung (IV) Glauben schenkt. „Schaffen wir es nicht, die Investitionskrise zu überwinden, dann wird es schwierig, das Potenzialwachstum von lediglich 1,1 bis 1,2 Prozent pro Jahr zu überschreiten“, warnte IV-Chefökonom Christian Helmenstein Dienstagfrüh.

Knapp danach trat nach dem Ministerrat die Regierungsspitze in die Öffentlichkeit – mit einem Wirtschaftspaket, das vor allem Anreize für Klein- und Mittelbetriebe bis zu 250 Mitarbeitern enthält. Es geht um Investitionen von Firmen und Gemeinden sowie um Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt.

Die Industrie wurde allerdings auf später vertröstet, ebenfalls nicht ausverhandelt ist die Abschaffung der kalten Progression. Kein Wunder, dass IV-Generalsekretär Christoph Neumayer von „enttäuschten Hoffnungen der Industrie“ sprach und ein „klares Signal an die produzierenden und international tätigen Betriebe in diesem Land“ einforderte. IV-Präsident Georg Kapsch stieß in dasselbe Horn und appellierte an die Regierung, mit weiteren Maßnahmen für Leitbetriebe nachzulegen.

Kern des präsentierten Pakets ist eine Investitionszuwachsprämie für Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Damit sollen 2017 und 2018 rund 10.000 Firmen mit 175 Mio. Euro unterstützt werden. Dies soll Investitionen von rund 1,2 Mrd. Euro auslösen und 25.000 Arbeitsplätze schaffen, wie Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) betonte.

Analog zur KMU-Prämie gibt es nächstes Jahr auch ein Investitionsprogramm für Gemeinden – die Regierung fördert Projekte mit bis zu zwei Mio. Euro und maximal 25 Prozent der Kosten. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schätzt, dass dies rund 100 Gemeinden nützen werden und davon vor allem lokale Firmen profitieren.

Neuer Fonds nach Juncker-Vorbild

Das laut Kern insgesamt rund 400 Mio. Euro schwere Paket umfasst weiters eine Ausbildungsgarantie bis 25, eine Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Card, eine neue Möglichkeit für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sowie eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft unter Bankenbeteiligung. Dieses neue Finanzierungsvehikel für öffentlich-private Partnerschaften (Public-private-Partnership, PPP) bezeichnete Kern als „eine Art Juncker-Fonds auf Österreichisch“.

In das Paket hineingenommen wurden auch bereits vom Verwaltungsrat des AMS beschlossene Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt, mit denen ab Jänner 2017 15.000 zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Dabei geht es unter anderem um das Fachkräftestipendium.

Das nach dem Start-up-Paket vom Sommer zweite wirtschaftspolitische Maßnahmenbündel unter Kanzler Kern stieß nicht nur auf Begeisterung. Während die Sozialpartner (Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer) und der Städtebund durchaus lobende Worte fanden, kam nicht nur von der Industrie, sondern auch der Opposition Kritik. Vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria hieß es etwa, dass die geplanten Initiativen nicht ausreichen würden, um genug Dynamik auszulösen. Beispielsweise gehöre der Zugang zum Unternehmertum erleichtert. Als „mut- und visionslos“ bezeichneten die Neos das „sogenannte“ Wirtschaftspaket. Und die FPÖ ortete umgehend eine Alibiaktion im „inhaltlich dünnen“ Wirtschaftspaket der Regierung. Sie würde es damit weder schaffen, die Arbeitslosigkeit zu senken noch das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, so Wirtschaftssprecher Axel Kassegger. Das Team Stronach ortet immerhin einen „zaghaften Schritt in die richtige Richtung“. Ähnlich die Grünen: „Das kann nur ein erster Schritt sein“, betont die grüne Wirtschaftssprecherin, Ruperta Lichtenecker. Viele Baustellen blieben: das veraltete Steuersystem, die überbordende Bürokratie und fehlende Investitionen in moderne Infrastruktur. (APA/eid)

AUF EINEN BLICK

Das neue Wirtschaftspaket der Regierung enthält eine Investitionsprämie für Firmen bis zu 250 Mitarbeitern. Damit sollen 2017 und 2018 rund 10.000 Firmen mit 175 Mio. Euro unterstützt werden. Dies soll Investitionen von rund 1,2 Mrd. Euro auslösen und 25.000 Arbeitsplätze schaffen. Insgesamt hat das Paket ein Volumen von 400 Mio. Euro. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) kündigten weitere Maßnahmen an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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