Wie man die herrschende Seitwärtsphase übersteht

(c) Bloomberg (Qilai Shen)
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Und warum der Tesla-Konkurrent BYD einen genaueren Blick wert ist.

Seitwärts weht der Wind – zumindest an den Börsen. Daran hat sich in der abgelaufenen Woche nichts geändert. Am augenscheinlichsten war das am deutschen Leitindex DAX abzulesen, der kurz seinen „Triggerwert“ von 10.800 überschritt, dann aber sofort wieder zurückfiel. Wir wissen also weiter nicht wirklich, wohin die Reise geht, wenn der Seitwärtstrend irgendwann endet.

Derzeit dürfte der Druck nach oben etwas größer als die Gefahr sein abzustürzen. Aber Vorsicht ist weiter geboten. Um einen alten Börsenkalauer zu zitieren: Ruhig weitertanzen, solange die Musik spielt. Aber immer schön in der Nähe des Notausgangs bleiben, falls jemand „Feuer!“ ruft und Panik ausbricht.

Die Signale von der laufenden Berichtssaison zum dritten Quartal sind jedenfalls eher durchwachsen und bieten wenig echte Anhaltspunkte.

Eine positive Überraschung hat in der Vorwoche der Elektroautopionier Tesla (ISIN US88160R1014) geliefert: Er hat völlig überraschend einen Quartalsgewinn berichtet – den erst zweiten seit dem Börsengang. Einen Jahresgewinn hat Tesla noch nie abgeliefert.

Die Aktie hat das Ereignis mit einem Freudensprung gefeiert. Aber nur einen Tag lang. Dann war wieder Börsenalltag angesagt. Und der ist nun schon seit einem Jahr ziemlich schlaglochübersäht.

Die Frage, ob man den Gewinn (und die stark erhöhte Autoproduktion) jetzt als Einstiegsgelegenheit nutzen sollte, ist damit leicht zu beantworten: Ein Quartalsgewinn macht noch keinen Aktienfrühling. Tesla ist immer noch sehr hoch bewertet und muss noch sehr viel liefern, um allein den aktuellen Kurs zu rechtfertigen. Da heißt es vorerst einmal beobachten.

Die Zeit könnte man nutzen, um einen ernsthaften Tesla-Konkurrenten anzuschauen, der hierzulande vielfach völlig zu Unrecht noch unter der Wahrnehmungsschwelle liegt: Der chinesische Elektroautobauer BYD (ISIN CNE100000296) macht an der Börse derzeit eine deutlich bessere Figur als der amerikanische Konkurrent. BYD verdoppelt heuer seine Produktion und peilt 120.000 verkaufte E-Autos an. Also etwa so viel wie der amerikanische Mitbewerber.

BYD ist aus den Anfangsbuchstaben von Build Your Dreams zusammengesetzt – und auf dem schnell wachsenden und riesigen Heimmarkt China schon eine große Nummer. Die Chinesen bauen nicht nur Pkw, sondern auch Elektrobusse, mit denen sie demnächst auch in den europäischen Markt vordringen wollen. In Ungarn wird zudem ein – wenn vorerst auch kleines – Werk für Elektrobusse gebaut. Ein Kaufsignal würde beim Durchbrechen des bisherigen Allzeithochs bei 6,50 generiert. Ein deutscher Börsenbrief hat diese Woche empfohlen, die Aktie schon darunter zu kaufen. Derzeit notiert sie bei 6,10.

Enttäuscht hat vergangene Woche dagegen der Onlinehändler Amazon(ISIN US0231351067). Die Börse hat das Verfehlen der Analystenerwartungen mit einem recht heftigen Kursrutsch quittiert, der praktisch den gesamten Kursgewinn des Monats Oktober ausradiert hat. Ist es jetzt Zeit, die Ernte einzufahren? Nun ja: Der Aufwärtstrend ist vorläufig einmal gerissen. Um die Nerven wegzuschmeißen, ist es aber noch eindeutig zu früh. Goldman Sachs hat gerade erst das Kursziel von 920 auf 1050 Dollar angehoben. Das war zwar noch vor dem Absturz. Aber vom derzeitigen Niveau von 780Dollar aus ist auch bis zu einem reduzierten Kursziel noch sehr viel Luft. Kurzfristig könnte die Konsolidierung allerdings noch ein wenig weitergehen.

Mehrere Kaufempfehlungen hat der deutsche Gaskonzern Linde (ISIN DE0006483001) am Freitag abgefangen: Equinet hat das Kursziel 160 Euro ausgegeben, die Baader Bank schätzt das Kurspotenzial auf 172 Euro ein. Ein starker Kursanstieg am Freitag hat freilich schon ein wenig am Potenzial geknabbert, bei einem aktuellen Kurs von 151 gibt es trotzdem noch ein wenig Luft. Linde verfügt derzeit über zwölf „Buy“-Empfehlungen. Allerdings gibt es auch Analysten, die die Sache anders sehen. Die Analysten von Sanford C. Bernstein beispielweise rieten am Freitag zum Verkauf – bei einem Kursziel von 115 Euro.

Potenzial von 20 bis 30Prozent orten Analysten beim deutschen Biotechwert Morphosys (ISIN DE000663 2003). Dieser konsolidiert derzeit freilich gerade, gehört aber auf die Beobachtungsliste.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2016)

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