Nach der Einigung mit der EU will Berlin seine Pläne rasch umsetzen. Widerstand aber bleibt.
Brüssel. Ungeachtet einer möglichen Klage durch Österreich und die Niederlande beim Europäischen Gerichtshof macht die deutsche Regierung jetzt Tempo bei der Umsetzung der Pläne für eine Pkw-Maut. Noch im Dezember soll ein Gesetzesentwurf innerhalb der deutschen Regierung abgestimmt werden. Ein Sprecher von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gab sich ob der angedrohten Klagen gelassen: Er glaube nicht, dass diese wirklich eingereicht werden; in den Niederlanden und Österreich sei die Einigung mit der EU wohl noch nicht in allen Details bekannt oder verstanden worden, so der Sprecher.
Im Büro von Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hieß es am Freitag, dass man vor einer Klage auf den endgültigen Text der Einigung warte, um diesen zu prüfen. Auch andere deutsche Nachbarländer wie Belgien, Dänemark und Polen prüfen eine Klage. Die Einigung zwischen EU und Deutschland sei jedenfalls ein „fauler Kompromiss“, sagte Leichtfried. „Jetzt ist die Diskriminierung ein bisschen mehr verschleiert als vorher, aber sie ist da.“ Es habe sich nicht viel gegenüber dem Erstvorschlag geändert.
Wie berichtet, sieht die am Donnerstag verkündete Einigung zwischen Brüssel und Berlin vor, dass es mehr Optionen für Autofahrer aus dem Ausland beim Erwerb von Kurzzeitvignetten mit einer Dauer von zehn Tagen geben soll. In den fünf statt drei Preisstufen ist die günstigste Vignette für besonders umweltfreundliche Autos für 2,50 Euro erhältlich.
Zugleich sollen aber auch Pkw-Halter in Deutschland mit besonders umweltschonenden Fahrzeugen stärker entlastet werden, indem sie die Mautgebühren über die Kfz-Steuer zurückerhalten. Dies ist auch der zentrale Ansatzpunkt für mögliche Diskriminierungsklagen: Denn letztlich handelt es sich, wie Kritiker sagen, um eine „Ausländermaut“, die eben vor allem Ausländer belastet.
In Wien hat auch der ÖAMTC Kritik an dem Maut-„Kompromiss“ geübt. Sollte das Verkehrsministerium nicht klagen, könne sich der Autofahrerklub vorstellen, die Klage eines Mitglieds vor dem EuGH zu unterstützen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)