Mit 45 Prozent liegt die PSD voran. Der Sieg ist noch deutlicher als erwartet. Parteichef Dragnea will Ministerpräsident werden - trotz Bewährungsstrafe.
Bei der Parlamentswahl in Rumänien haben die bisher oppositionellen Sozialdemokraten laut Hochrechnungen einen Erdrutschsieg errungen. Wie die Wahlkommission nach Auszählung von 69 Prozent der Stimmen am Montag mitteilte, kam die Sozialdemokratische Partei (PSD) auf 45 Prozent, gefolgt von der rechten Nationalliberalen Partei (PNL) mit 20 Prozent und der populistischen Union rettet Rumänien (USR) mit 9 Prozent.
Drei weitere Gruppierungen übersprangen die Fünf-Prozent-Marke und schafften damit den Einzug ins Parlament: die Partei der ungarischen Minderheit (UDMR), die Allianz der Liberalen und Demokraten (Alde) und die Partei der Volksbewegung (PMP) des ehemaligen Präsidenten Traian Basescu. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 40 Prozent. Die Sozialdemokraten kündigten bereits an, die Regierung zusammen mit Alde bilden zu wollen.
Im November 2015 waren Ministerpräsident Victor Ponta und seine sozialdemokratisch geführte Regierung im Zuge von Massenprotesten und Korruptionsvorwürfen zurückgetreten. Auslöser der Proteste war ein verheerender Brand in einer Diskothek in Bukarest, bei dem 64 Menschen ums Leben kamen.
Dragnea will Ministerpräsident werden
Seitdem amtierte in Rumänien eine Regierung von Fachleuten unter Vorsitz des ehemaligen EU-Landwirtschaftskommissars Dacian Ciolos. PNL und USR traten für Ciolos' Verbleib als Regierungschef ein. Die Sozialdemokraten wollen dagegen ihren Parteichef Liviu Dragnea als Ministerpräsidenten - auch wenn dieser wegen Wahlbetrugs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde.
Dragnea deutete am Sonntagabend an, dass er auf seiner Nominierung bestehen werde. "Ich bin nicht geneigt, diese Wählerstimmen (für die PSD) jemandem zu schenken", sagte er. Dragnea wies Spekulationen zurück, wonach als Ersatzkandidat der frühere langjährige PSD-Politiker und derzeit parteilose Minister für Regionalentwicklung Vasile Dincu im Gespräch sei. Dincu komme für den Posten des Regierungschefs nicht in Frage, sagte Dragnea dem Sender "Romania TV".
Präsident hat Vorschlagsrecht
Mitentscheidend bei der Regierungsbildung ist Staatspräsident Iohannis. Ohne Dragnea namentlich zu nennen, hatte Iohannis Wochen zuvor gesagt, dass er keinen Regierungschef nominieren werde, der Probleme mit der Justiz hat. In Rumänien darf nur der Staatschef dem Parlament einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen. Dabei ist er nach der Verfassung lediglich dazu verpflichtet zu beachten, ob der Kandidat Chancen hat, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden - und sei es durch Koalitionen.
Gegner der PSD befürchten, dass eine von dieser Partei geführte Regierung die bisherige Arbeit der Justiz behindern werde. Rumäniens Justiz wird seit Jahren von der EU-Kommission wegen Fortschritten im Kampf gegen die Korruption gelobt. Seit 2013 kamen pro Jahr mehr als 1000 Politiker aller Lager und Spitzenbeamte wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht und nahezu ebenso viele wurden rechtskräftig verurteilt.
PSD hat stets versucht, die eigenen Parteifreunde vor Strafverfolgung zu schützen, vor allem durch Weigerung, den Verdächtigen die parlamentarische Immunität zu entziehen. Diese Immunität schützt vor Verhaftungen und Hausdurchsuchungen. PNL hingegen hat es ausdrücklich zum Gebot erklärt, die Justiz nicht behindern zu wollen. Betroffen davon war im Sommer auch der damalige PNL-Kopräsident Vasile Blaga, der alle Ämter niederlegte, als die Staatsanwaltschaft gegen ihn Ermittlungen wegen mutmaßlicher Bestechlichkeit einleitete.
(APA/DPA)