Das Unternehmen Staat expandiert

Chinas Stahlsektor ist fest in staatlicher Hand. Er produziert viel zu viel und drückt die Ware zu Dumpingpreisen in die EU.
Chinas Stahlsektor ist fest in staatlicher Hand. Er produziert viel zu viel und drückt die Ware zu Dumpingpreisen in die EU. (c) EPA
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Von den hundert größten Konzernen der Welt stehen 22 unter staatlicher Kontrolle. Der höchste Wert seit Langem. Nie kamen sich mehr Staatskonzerne auf dem Weltmarkt in die Quere.

Wien. Die Staatsunternehmen sind zurück. Seit dem Ausbruch der Krise 2008 kaufen sie in rasantem Tempo weltweit Unternehmen auf. Das starke Wachstum von Ländern wie China, wo der Staat traditionell eine größere Rolle spielt, beschleunigt die Entwicklung zusätzlich. Heute sind 22 der hundert größten Unternehmen in staatlicher Hand, so eine Studie der OECD. Das ist der mit Abstand höchste Wert seit Jahrzehnten. Aber das allein ist noch kein Grund zur Besorgnis.

Unruhig werden Politiker und Unternehmer in den Industriestaaten hingegen, weil sich die Staatskonzerne zusehens auf dem Weltmarkt in die Quere kommen. Egal, ob China, Indien oder die Arabischen Emirate, die nationalen Riesen gehen über die Grenzen – das weckt alte und schafft neue Sorgen.

China fährt aggressivsten Kurs

Viele private Mitbewerber fürchten etwa, gegen die neuen Konkurrenten mit politischer Rückendeckung den Kürzeren ziehen zu müssen. Staatsunternehmen werden verdächtigt, günstiger an Kapital und schneller an Informationen zu kommen, vom Wettbewerbsrecht weitgehend ausgenommen zu sein und nicht kommerzielle – politisch motivierte – Agenden zu verfolgen.

Gerade westliche Länder sorgen sich vor der Renaissance der Staatsbetriebe. Schließlich haben viele von ihnen die vergangenen Dekaden genutzt, um den Einfluss der Politik auf die Wirtschaft abzubauen. Während in China, Indien oder im Nahen Osten gut ein Drittel der Betriebe dem Staat gehören, sind es in der OECD nur zwei Prozent.

Am anderen Ende der Skala steht China. Das Land vereint nicht nur über ein Drittel der 326 größten Staatsunternehmen auf sich. Es fährt mit ihnen auch die mit Abstand aggressivste Strategie. Peking stützt die einheimische Industrie mit gewaltigen Summen und baut systematisch Überkapazitäten auf. Ausbaden dürfen es die westlichen Konkurrenten, deren Heimatmärkte mit billigem Stahl, Glas und Aluminium aus China geflutet werden.

Die Volksrepublik ist auch der mit Abstand fleißigste Käufer ausländischer Unternehmen. Vor allem der technologisch starke Mittelstand in Deutschland hat es dem Land angetan. Fast zehn Milliarden Euro gaben staatsnahe Unternehmen aus China heuer aus, um deutsche Konkurrenten aufzukaufen. Berlin fürchtet den Ausverkauf seiner Industrie und wehrt sich. Die geplante Übernahme des Chipanlagenbauers Aixtron liegt bis auf Weiteres auf Eis. Das Wirtschaftsministerium will darüber nachdenken, ob es den Deal genehmigen soll oder nicht. Die USA schützen ihre Industrie seit Jahren mit verstärktem Protektionismus.

Das sei eine mögliche, aber nicht die beste Antwort auf den Angriff der Staatskolosse, meint die OECD. Sie plädiert vor allem für mehr Transparenz und den Abbau alter Vorurteile. Die Eigentumsverhältnisse allein würden wenig darüber aussagen, ob ein Betrieb unfaire Vorteile genieße oder nicht. So bevorzugen nationale Regierungen etwa fast immer einheimische Unternehmen. Egal, ob sie ihnen auch gehören oder nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2016)

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