EU: Staaten retten wieder Banken

Die Krisenbank Monte dei Paschi ist die älteste Bank der Welt und das größte Sorgenkind der italienischen Finanzbranche.
Die Krisenbank Monte dei Paschi ist die älteste Bank der Welt und das größte Sorgenkind der italienischen Finanzbranche.(c) REUTERS (Giampiero Sposito)
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Die EU hat sich eigentlich darauf geeinigt, dass die Staaten keine Banken mehr retten sollen. Trotzdem will Italien den Krisenbanken bis zu 20 Mrd. Euro zur Verfügung stellen.

Wien/Rom. Der italienische Staat rüstet sich für eine groß angelegte Bankenrettungsaktion. In der Nacht auf Dienstag teilte die neue italienische Regierung von Ministerpräsident Paolo Gentiloni mit, das Land werde bei Bedarf bis zu 20 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. Der Regierungsvorschlag muss noch vom Parlament abgesegnet werden. Laut Gentiloni handelt es sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme. Man werde sehen, ob und wie viel Geld notwendig sein werde. Der Ministerpräsident rief die Oppositionspartien dazu auf, dem Plan zuzustimmen. Die Erhöhung der Staatsverschuldung könnte notwendig werden, um die Sparer zu schützen.
Die Börsianer zeigten sich über die Aktion erfreut. Am Dienstag legten die Aktien der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena vorübergehend um mehr als vier Prozent zu.

Der Rettungsplan ist eine Kehrtwende. Denn eigentlich hatte sich die EU darauf geeinigt, dass bei der Rettung von Krisenbanken nicht mehr die Steuerzahler, sondern die Eigentümer und die Gläubiger einspringen sollen. Doch das Beispiel von Italien zeigt, dass die neuen Regeln im Krisenfall nicht funktionieren. So arbeitet Monte dei Paschi di Siena seit Monaten an einem Rettungsplan, bei dem private Investoren mitmachen sollen. Doch das Ganze gestaltet sich als schwierig. Die Bank soll bis Jahresende das Eigenkapital um fünf Milliarden Euro aufstocken. Gelingt das nicht, will das Institut den Staat um Hilfe bitten. Mittlerweile hält sogar der Chef der deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, eine staatliche Intervention für möglich, wenn „besonders schutzwürdige Anleger aus politischen Gründen“ geschont werden müssen.

Sorge vor einem Bank Run in Italien

Bei Monte dei Paschi handelt es sich um die drittgrößte Bank Italiens. Das Problem ist, dass 40.000 Kleinanleger nachrangige Anleihen des Instituts halten. Die neuen EU-Regeln für die Abwicklung von Krisenbanken sehen eigentlich vor, dass solche Anleihen in Eigenkapital umgewandelt werden müssen, bevor der Staat einspringt. Doch dann würden die 40.000 Kleinanleger einen Großteil ihres Geldes verlieren, was die Regierung in Rom vermeiden will.

Die Politiker befürchten, dass Sparer bei vielen Banken ihr Geld abziehen könnten. Damit würde sich die Krise am italienischen Finanzsektor weiter verschärfen. Daher erwägt die Regierung, dass der Staat den Anlegern die nachrangigen Anleihen von Monte dei Paschi abkauft und in Aktien umwandelt.

Nachrangige Anleihen als Problemfall

In Italien haben die Banken vielen Sparern nachrangige Anleihen verkauft, denn diese werfen höhere Zinsen ab. Die Sparer behaupten jetzt, dass sie über die Risken nicht ausreichend informiert wurden. Nicht nur in Italien, sondern auch in anderen Ländern sind nachrangige Bankanleihen wegen der hohen Zinsen beliebt. Viele Investoren erwarten, dass die Steuerzahler im Krisenfall einspringen, weil die Staaten keine großen Bankenpleiten riskieren können.

Angaben der Finanzmarktaufsicht zufolge haben Österreichs Banken sogenannte Bail-in-fähige Papiere im Wert von 88,6 Milliarden Euro begeben. Dabei handelt es sich um Wertpapiere, die laut EU-Plan bei Bankpleiten herangezogen werden sollen, um die Steuerzahler zu schonen. Von den 88,6 Milliarden Euro wurden 20 Milliarden Euro an private Haushalte in Österreich verkauft. Die Aufsicht verlangt von den Banken, dass solche Papiere nur mit der richtigen Beratung über das Risiko verkauft werden.

Auf einen Blick

Der italienische Staat will bis zu 20 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Mit dem Geld sollen schwer angeschlagene Banken gerettet werden. Das größte Sorgenkind ist die Krisenbank Monte dei Paschi di Siena. Dabei handelt es sich um die drittgrößte Bank Italiens. Das Institut braucht bis Jahresende fünf Milliarden Euro. Probleme gibt es auch bei anderen Banken. Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, dass auch die Banca Popolare di Vicenza und die Veneto Banca als mögliche Kandidaten für staatliche Hilfen gelten. Dabei hat sich die EU eigentlich darauf geeinigt, dass Staaten keine Banken mehr retten sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2016)

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