Iwans Couch liebt's hetero

IKEA flags are seen outside IKEA Concept Center in Delft
IKEA flags are seen outside IKEA Concept Center in DelftREUTERS
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Außerhalb Europas liebt man anders. Dem trug auch Ikea Rechnung. Die Kritik dafür muss man aushalten, wenn man zu Hause politisch so korrekt ist.

Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit, heißt es seit der Antike. Und das Prinzip wohl eine der Geografie. Damit lässt sich auch erklären, dass der schwedische Möbelkonzern Ikea, der in Skandinavien und in ähnlich gestrickten westlichen Ländern mit dem Zeitgeist Schritt hält oder diesem mitunter einen Schritt voraus ist, die darin enthaltenen Standards nicht unbedingt in andere Länder zu transferieren beabsichtigt. Und auch wenn dies als Privatkonzern nicht seine Aufgabe ist, so ergibt das gerade dann eine schiefe Optik, wenn man sich zu Hause so politisch korrekt gibt.

Konkret im Jahr 2013, als Ikea eine Reportage über das lesbische Paar Clare und Kirsty, die im weltweiten Kundenmagazin mit seiner 200-Millionen-Auflage abgedruckt war, aus dem Katalog für den russischen Markt gestrichen hat. Die Selbstzensur wurde damals von der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ aufgedeckt.

Die Aktion, die Empörung bei homosexuellen Aktivisten in Schweden hervorrief, fiel in eine Zeit, als sich der Kreml und seine Propagandamaschinerie zunehmend mit dem westlichen Lebensstil anlegten und als dessen Ausdruck Homosexualität gezielt diskreditierten. Unter anderem wurde damals mit einem Gesetz homosexuelle Propaganda in Anwesenheit von Minderjährigen unter Strafe gestellt. Ausländern drohte gegebenenfalls sogar die Ausweisung oder 15 Tage Gefängnis. Ikea erklärte damals, Juristen hätten von einer Veröffentlichung der Reportage abgeraten, weil man einen Konflikt mit den russischen Behörden befürchtete.

Pussy Riot. Offenbar auch in Saudiarabien. Dort hatte Ikea über Jahre sämtliche Frauen aus dem Katalog wegretuschiert, um sie im Jahr 2014 übrigens wieder abzubilden. Und von einer russischen Ikea-Internetseite wurde 2012 ein Foto gelöscht, weil die vier Jugendlichen in Sturmmasken zu sehr Assoziationen mit der später inhaftierten Frauen-Punkband Pussy Riot aufwiesen.

Ikea steht wie jedes andere Unternehmen vor der Herausforderung, die Gratwanderung bei der Adaption an kulturelle oder autoritär oktroyierte Besonderheiten zu meistern. Allemal auffällig, dass sich der schwedische Konzern an einer anderen Front auch in Russland offenbar sehr prinzipiell gab. Und zwar in der Weigerung, Schmiergeld zu zahlen, wie dem Buch „Trotz der Absurdität“ des ehemaligen Ikea-Russland-Chefs Lennart Dahlgren zu entnehmen ist. Untertitel: „Wie ich Russland bezwungen habe – und Russland mich“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2016)

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