Obdachlosen angezündet: U-Haft für sieben Verdächtige in Berlin

Die Berliner Polizei ermittelt im Fall eines angezündeten Obdachlosen.
Die Berliner Polizei ermittelt im Fall eines angezündeten Obdachlosen.(c) REUTERS (PAWEL KOPCZYNSKI)
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Die Polizei ermittelt wegen Mordversuchs gegen sieben Migranten aus Syrien und Libyen, die einen Obdachlosen angezündet haben sollen. Die meisten waren polizeibekannt.

„In diesen Tagen sollten wir Nächstenliebe erwarten. Stattdessen erleben wir Menschenverachtung“, sagte Berlins Innensenator, Andreas Geisel, von der SPD fassungslos. Tatsächlich waren es zuletzt bittere Tage und Wochen für Deutschlands Hauptstadt: Da wird eine Frau von einem in Deutschland lebenden Bulgaren eine U-Bahn-Treppe hinabgestoßen und schwer verletzt (der mehrere Wochen alte Vorfall wurde erst im Dezember dank Einschaltung der Öffentlichkeit geklärt); dann fährt ein Terrorist aus Tunesien mit einem Lkw in einen Weihnachtsmarkt und tötet dort, neben dem Lkw-Fahrer, elf Menschen; schließlich zünden am frühen Morgen des 25. Dezember junge Männer in der U-Bahn-Station Schönleinstraße an der Grenze der Problembezirke Kreuzberg und Neukölln einen schlafenden und ob seiner Trunkenheit zusätzlich hilflosen Obdachlosen an. Die Zeitungen, mit denen er sich eingewickelt hatte, brennen lichterloh, Teile der Kleidung ebenso. Der 37-Jährige überlebt letztlich, weil Passanten helfen und ein U-Bahn-Fahrer einen Feuerlöscher einsetzt.

IS-Verbrennungsvideo als „Inspiration“?

Doch anders als im Fall des „U-Bahn-Treters“, bei dem die Polizei Aufnahmen von Überwachungskameras, die den Angriff zeigen, erst viele Wochen später veröffentlichte (und erst, nachdem das Medien getan hatten), geht die Fahndung nun rasant: Schon am Montag publizierte man Bilder von Überwachungskameras, die die Verdächtigen auf der Flucht zeigen. Die Burschen sind darauf so gut erkennbar, dass sich bis zur Nacht auf Dienstag sechs davon stellen: fünf Syrer und ein Libyer im Alter von 15 bis 21 Jahren. Ein siebenter mutmaßlicher Täter – wieder ein Syrer (21) und vermutlich der eigentliche Brandleger – geht Zivilfahndern ins Netz.

Am Mittwochabend erließ die Justiz gegen sie Haftbefehle wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes, sie kamen in U-Haft. Dem 21-Jährigen droht maximal lebenslang, den 15 bis 17-Jährigen zehn Jahre; bei „Heranwachsenden“ (18 bis 20) ist es im Ermessen der Richter, ob sie als Erwachsene gelten oder das mildere Jugendstrafrecht angewandt wird. Die sieben sind zwischen 2014 und 2016 als Flüchtlinge eingereist, über welche Grenze, war vorerst unklar. Einige sind laut „Berliner Zeitung“ noch Asylwerber, die anderen haben schon Aufenthaltstitel. Fast alle sollen bereits polizeilich aufgefallen sein.

Der Versuch, einen Hilflosen anzuzünden, ist noch vor einem anderen Hintergrund extrem verstörend: Erst am Tag vor Weihnachten hatte die Jihadistenmiliz des sogenannten Islamischen Staates (IS) ein grauenhaftes Video publiziert, das zeigt, wie zwei gefangene, angekettete türkische Soldaten lebendig verbrannt werden. Nach Auftauchen des Videos ließ die türkische Regierung soziale Medien und andere Teile des Internets sperren, um die Verbreitung des Films zu unterbinden. Türkische Truppen kämpfen in Nordsyrien gegen den IS, zuletzt mussten die Türken schwere Verluste bei Kämpfen um die Stadt Al-Bab einstecken.

Die Berliner Verkehrsbetriebe behaupten, man könne trotz der jüngsten Fälle nicht von mehr Gewalt im öffentlichen Personennahverkehr sprechen. 2011 habe man 880 Gewaltakte gegen Menschen gezählt, 2015 noch 484. Es spräche sich herum, dass Bahnhöfe und Verkehrsmittel videoüberwacht sind.

Immer mehr Gewalttaten

Polizeiberichte in anderen deutschen Regionen vermelden allerdings seit längerer Zeit immer mehr Gewalttaten im öffentlichen Raum, bei denen oft junge Männer mit Migrationshintergrund zumindest Verdächtige sind. Auch wurde zuletzt etwa in Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen Frauen in den Rücken getreten, und zwar offenbar völlig unmotiviert, da die Täter danach flohen, ohne die Opfer etwa zu berauben. (ag./red.)

(APA/AFP)

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