Frankfurter Buchmesse: Bald nur noch Nische für klassisches Buch?

(c) AP (Michael Probst)
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Digitalisierung, Politisierung, Finanzierung: die Themen der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, die Dienstagabend eröffnet wird.

Noch liegt der Anteil digitaler Produkte in der Buchbranche unter zehn Prozent des Umsatzes. Schenkt man den Auguren der 61.Frankfurter Buchmesse, die Dienstagabend eröffnet wird, Glauben, werden die Erlöse, die mit dem analogen Buch zu erzielen sind, schon in den nächsten beiden Jahren rasant abnehmen. Nach mehreren Anläufen scheint das E-Book nun eine technische Reife erreicht zu haben, die ein größeres Publikum anlockt. Wie das diesjährige Gastland China auf den Weltmarkt, so drängt das digitale Buch in die Verlagsbranche. Eine Firma im Reich der Mitte bietet jetzt bereits über 400.000 E-Books an, täglich kommen 8000 dazu. Wie dieser Prozess den Buchmarkt verwandeln wird, das ist sicher ein Hauptthema bei der Buchmesse.

Das Stichwort, mit dem man den Herausforderungen begegnen will, heißt „Content crossover“. Eine Vernetzung mit anderen Branchen wie etwa der Film-, Spiele- und Musikbranche stehen ganz oben auf der Wunschliste der Verleger. Lautet die Prognose doch, dass bereits 2018 der Anteil an Digitalem jenen des Gedruckten überholt haben wird. Die Buchmesse reagiert darauf damit, dass sie das ehemalige Forum „Film & TV“ zu einem „Film- und Media-Forum“ erweitert und darin die Spieleindustrie einbezieht. Ist Lesen ein Genuss? Diese Frage stand vielleicht Pate bei einer weiteren Neuerung auf der Buchmessen. Die Halle fünf wird diesmal weniger der Duft der großen weiten Welt als jener von Gewürzen durchziehen. Erstmals wird es dort in Zusammenarbeit mit Genussmittel-Produzenten eine „Gourmet Gallery“ geben. Dort werden Köche live aufkochen und die dazu passenden Kochbücher präsentieren.

Hörbücher lauschen und kaufen

Wer nicht nur den Gaumen, sondern auch die Ohren kitzeln will, der kann in die Halle vier wechseln und zum ersten Mal in diesem Jahr nicht nur Hörbücher lauschen, sondern auch kaufen. Über 60 Hörbuchverlage präsentieren ihre Neuheiten. Auf einer anderen Ebene der Halle muss der Besucher immer noch nicht zum klassischen Buch greifen. Zu ebener Erde findet er das „Trendforum Nonbook“ mit Produkten aus den Bereichen Papeterie, Geschenke, Accessoires.

Wer es ein bisschen brisanter möchte, der ist beim Gastland China richtig. Ob sich die Aufregungen, die es um Einladungslisten und Zensurvorwürfe im Vorfeld der Messe gegeben hat, bis Sonntagabend, wenn die Messe ihre Tore schließt, fortsetzen, bleibt abzuwarten. Immerhin wird Nobelpreisträger Gao Xingjian, der in seiner Heimat Publikationsverbot hat, mit dem in London lebenden Lyriker Yang Lian über das Schreiben in zwei Kulturen diskutieren. Über 50 chinesische Autoren werden bei gut 500 Veranstaltungen über die Probleme ihres Landes mit westlichen Werten sprechen, darunter auch solche aus dem Exil, aus Hongkong, aus Taiwan und aus Macao. Fehlen wird vermutlich Ai Weiwei, dessen Ausstellung „So sorry“ soeben in München eröffnet wurde.

Insgesamt werden es wieder über 2600 Veranstaltungen sein, die während der Buchmesse in Frankfurt stattfinden. Die übrige vorläufige Statistik spiegelt allerdings die Finanzkrise wider: diesmal keine Zuwachs-, sondern Schrumpfungsraten. Die Zahl der Aussteller wird von fast 7400 im Vorjahr auf unter 7000 sinken, es wird weniger Neuerscheinungen geben, und auch bei den Besuchern rechnet man mit einem Rückgang.

Zur Buchmesse: Siehe auch Artikel S. 6

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2009)

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