Salzburg: Nach außen Harmonie, innen Erklärungsbedarf

Ein Blick vom Gaisberg auf die Stadt Salzburg: Dort wurde im Juni 2013 mit einer Dreierkoalition zwischen ÖVP, Grünen und dem Team Stronach ein politisches Experiment auf Landesebene gestartet.
Ein Blick vom Gaisberg auf die Stadt Salzburg: Dort wurde im Juni 2013 mit einer Dreierkoalition zwischen ÖVP, Grünen und dem Team Stronach ein politisches Experiment auf Landesebene gestartet.(c) Franz Pritz/picturedesk.com
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Unaufgeregt: So lässt sich das Klima in der Salzburger Dreierkoalition zusammenfassen. Seit 2013 reagiert die ÖVP gemeinsam mit den Grünen und einem Rest des ehemaligen Teams Stronach.

Salzburg. Es ist ein politisches Experiment, dem manche Beobachter eine Überlebenszeit von nur wenigen Monaten zugestanden haben: Im Juni 2013 besiegelten ÖVP, Grüne und das Team Stronach in Salzburg erstmals eine Dreierkoalition. Dass sich nach dem Finanzskandal und dem Wahldesaster der SPÖ die ÖVP und die in Salzburg recht bürgerlichen Grünen zu einer Zusammenarbeit finden könnten, lag nahe. Doch dass ausgerechnet das Team Stronach die Regierungsmehrheit absichern sollte, war doch recht gewagt.

Doch die Salzburger Koalition funktioniert auch dreieinhalb Jahre nach ihrem Start gut. Es wird unaufgeregt abgearbeitet, was im Koalitionsabkommen festgeschrieben ist. Sowohl Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) als auch seine Stellvertreterin Astrid Rössler (Grüne) sind mit einer großen Portion Pragmatismus an die Sache herangegangen. Und der Dritte im Bunde, Landesrat Hans Mayr, weiß, dass er nur dann eine winzige Chance auf eine politische Zukunft wahren kann, wenn er am Ende seiner Amtszeit auch Ergebnisse vorzeigen kann.

Das Team hinter dem Landesrat hat sich längst aufgelöst. Mayr ist mittlerweile parteifreies Mitglied der Koalitionsregierung, ehemalige Mitstreiter des Team Stronach sind mehr oder weniger lose bei der ÖVP angedockt. Klubobmann Helmut Naderer, der beim Team Stronach verblieben ist, knüpft zarte Bande zu seiner ehemaligen politischen Heimat, den Freiheitlichen.

Der Zerfall des Teams Stronach hat die Regierungskoalition nicht geschwächt. Ganz im Gegenteil: Seit der Trennung zwischen Naderer und Mayr ist ein ständiger Unruheherd aus der Koalition verschwunden. Einfach ist es trotzdem nicht immer: Zuletzt erzürnte Rösslers Entscheidung, der Erweiterung der Mönchsberggarage nicht zuzustimmen, die ÖVP in der Stadt Salzburg.

Große Portion Pragmatismus

Mit Kritik an seiner Koalitionspartnerin hält Haslauer sich aber nobel zurück. Die ÖVP hat auch das von den Grünen forcierte umstrittene Tempolimit auf der Westautobahn bei Salzburg mitgetragen. Die grüne Basis kann dafür im Gegenzug nicht verstehen, dass Rössler die ungeliebte 380-kV-Leitung von Salzburg in den Pinzgau nicht verhindert. An ihrer Basis haben beide Parteien immer wieder Erklärungsbedarf, wenn es um die Arbeit der Koalition geht.

Und trotzdem schaffen es die beiden Parteien, unterschiedliche Meinungen so auszudiskutieren, dass in der Öffentlichkeit nie der Eindruck einer zerstrittenen Koalition entsteht. Haslauer hat dieses harmonische Bild zu einem Markenzeichen seiner Regierung hochstilisiert. Kein Wunder, ist er doch ein gebranntes Kind: Gegenseitiges Misstrauen und ein ständiges Hickhack prägten über Jahre die frühere Koalition von ÖVP und SPÖ und förderten die Politikverdrossenheit der Salzburger, bis die Regierung ob des Finanzskandals auseinanderbrach. Eine große Portion Disziplin und Pragmatismus bestimmt die Zusammenarbeit.

Glaubt man einer Umfrage, die die „Salzburger Bezirksblätter“ veröffentlicht haben, könnte sich Schwarz-Grün auch nach den nächsten Wahlen ausgehen. Die beiden Parteien kommen derzeit bei der Sonntagsfrage auf 57 Prozent. Da ginge sich die Mehrheit auch ohne dritten Partner aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2017)

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