„Lernen von Athen“ und „Viva Arte Viva“

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Die Großevents 2017: Was erwartet uns bei Documenta 14, Biennale Venedig und in Münster?

Die Künstlerliste ist das am besten gehütete Geheimnis jedes Documenta-Direktors, auch das vom polnischen Kurator Adam Szymczyk, der in diesem schwierigen Jahr verantwortlich dafür zeichnet, dass diese nur alle fünf Jahre stattfindende Weltausstellung zeitgenössischer Kunst gesellschaftlich relevant bleibt. Die Weichen dafür hat er schon länger gelegt, mit der provokant irritierenden Wahl des Mottos: „Lernen von Athen“ und der dazugehörigen Gründung einer Documenta-Dependance in der griechischen Hauptstadt. Die rund 100 eingeladenen Künstler sollen alle sowohl für Athen als auch für Kassel Arbeiten entwickelt haben.

In Athen wird auch eröffnet, und zwar schon am 8. April, erst zwei Monate später, am 10. Juni, ist dann das Fridericianum in Kassel dran. Die beiden Städte verbindet mehr, als man glaubt, und die Verbindungen geben Hinweis auf die Deutungsmöglichkeit von Szymczyks Motto: Auf dem Kasseler Schloss Wilhelmshöhe steht eine Herkulesstatue, was prinzipiell darauf hinweist, wie sich Herrscher aus Europas Norden immer wieder auf die Antike bezogen haben, also im wahrsten Sinn auf den heute so wenig geschätzten Süden bauten.

Was verbindet Kassel mit Athen? Kassel und Athen, das ist eine Achse, über die es sich symbolisch, aber auch konkret nachzudenken lohnt – nicht nur bei den Flugverbindungen, die extra für die Besucher der Documenta ausgebaut wurden. Auch die erste bekannte Arbeit der Documenta bildet eine Brücke: Die argentinische Künstlerin Marta Minujín baut eine Replik des Parthenon aus Büchern, die weltweit auf Verbotslisten standen bzw. stehen, auf dem Kasseler Friedrichsplatz.

Österreichische Künstler dürften übrigens, so hört man, nur in sehr überschaubarer Zahl eingeladen worden sein, genauso wie auf die Hauptausstellung der Biennale Venedig, auf der bereits traditionell Franz West nicht fehlen darf. Die Französin Christine Macel hat sie diesmal kuratiert, ihr Motto ist denkbar alles- wie nichtssagend: „Viva Arte Viva“, immerhin total positiv.

Den österreichischen Pavillon in den Giardini werden Erwin Wurm und Brigitte Kowanz bespielen. Bei den anderen nationalen Pavillons bemerkt man im Allgemeinen eine Tendenz zu eher jüngeren Künstlern, nimmt man jetzt Deutschland mit Anne Imhof, die USA mit Mark Bradford oder Frankreich mit Xavier Veilhan her.

Muss man jetzt überhaupt noch nach Münster fahren? Und wo liegt das überhaupt? In knapp zwei Stunden ist man mit dem Auto da, wenn man es schon nach Kassel geschafft hat. 30 Künstler werden Installationen, Performances, Skulpturen im öffentlichen Raum des im Vergleich zu Kassel ausnehmend idyllischen Städtchens verwirklichen. Das tun sie hier schon seit 1977 alle zehn Jahre, seit Kuratorenlegende Kaspar König das eben eingefallen ist, der immer noch die Oberhoheit hält. Man sollte es zumindest einmal erlebt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2017)

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