Hamas droht Israel mit weiteren Anschlägen

Palästinenser hängen ein Transparent mit dem Poträt des Attentäters in Ostjerusalem auf.
Palästinenser hängen ein Transparent mit dem Poträt des Attentäters in Ostjerusalem auf.(c) APA/AFP/AHMAD GHARABLI (AHMAD GHARABLI)
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Die Hamas bekennt sich nicht zu dem Lkw-Attentat von Jerusalem, kündigt aber an, die Gewaltwelle fortzusetzen. Israel will das Haus des Attentäters zerstören.

Mit welcher Gruppierung der Attentäter von Jerusalem tatsächlich sympathisierte, ist zweitrangig. Für die radikal-islamische Hamas zählt das Ergebnis. Die Gruppierung droht Israel mit weiteren Anschlägen. Es gebe keinen Zweifel daran, dass die aktuelle Gewaltwelle weitergehe, sagte das führende Hamas-Mitglied Mushir al-Masri am Montag in Gaza. Palästinenser würden weiter Angriffe gegen Israel begehen, bis sie das Ziel der Befreiung erreicht hätten. Israel hat angekündigt auch seine Maßnahmen gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verschärfen.

Israel sieht sich laut Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nach dem Lastwagen-Anschlag in Jerusalem einer neuen Bedrohung ausgesetzt. "Wir sind mit einer neuen Art des Angriffs konfrontiert, der Attacke eines einzelnen Attentäters, der inspiriert wird und sich von einer Sekunde zur anderen entschließt zuzuschlagen", sagte Netanyahu am Montag beim Besuch von Verletzten in einem Krankenhaus.

Am Sonntag lenkte ein 28-jähriger Palästinenser einen Lastwagen in eine Gruppe von Soldaten. Dabei kamen mindestens vier Menschen ums Leben, 17 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Der Attentäter wurde erschossen. Noch bekannte sich der IS nicht zu der Tat, allerdings ging Netanjahu am Abend davon aus, dass der Täter IS-Anhänger gewesen sei. "Wir kennen die Identität des Angreifers, der allen Hinweisen zufolge den IS unterstützt", sagte Netanjahu laut seinem Büro.

Die Hamas begrüßte zwar den Anschlag, bekannte sich aber nicht dazu. "Die Nachricht der Hamas ist eine Nachricht der Ermutigung und der Unterstützung für jeden Märtyrer, der eine Attacke begeht, die den Aktivitäten des zionistischen Feindes ein Ende setzt", sagte Hamas-Führer Fathi Hamad.

"Frankreich, Berlin, Jerusalem"

Im Stadtteil Armon Hanaziv habe sich ein "grausamer und tragischer Terroranschlag" abgespielt, sagte Netanjahu weiter. Auch ortete er mögliche Parallelen zwischen dem Lastwagen-Anschlag und ähnlichen Attacken in Europa - konkret jenem vor rund drei Wochen in Berlin, als ein Sattelschlepper in einen Weihnachtsmarkt gesteuert wurde. "Wir wissen, dass es hier eine Serie von Anschlägen gibt, und es kann durchaus sein, dass eine Verbindung zwischen ihnen besteht, erst Frankreich und Berlin, und jetzt Jerusalem", sagte Netanjahu.

Bei einer Sitzung des israelischen Sicherheitskabinetts wurde kurz darauf beschlossen, das Haus des Attentäters zu zerstören. Es liegt in dem Gebiet Jerusalems, das Israel 1967 erobert hatte. Israels Sicherheitskabinett beschloss am Sonntag zudem, seine Leiche nicht an die Familie zu übergeben. Auch ein Antrag auf Familienzusammenführung mit Einwohnern des Gazastreifens solle nicht genehmigt werden, berichtete der israelische Rundfunk. Laut Angaben der Polizei wurden die Sicherheitskräfte in der Stadt zudem in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Der Anschlagsort Armon Hanaziv (Armon Hanatziv) liegt in dem 1967 von Israel eroberten arabischen Ostteil Jerusalems. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil einer künftigen Hauptstadt für sich. Israel sieht jedoch ganz Jerusalem als seine "ewige, unteilbare Hauptstadt". Der palästinensische Attentäter aus Ost-Jerusalem wurde erschossen.

Neun Palästinenser in Haft

Bisher hat die Polizei neun Palästinenser festgenommen, darunter fünf Angehörige des Attentäters. Der Polizei-Einsatz in Ost-Jerusalem sei über Nacht fortgesetzt worden, teilte die Sprecherin mit.

Israel will künftig auch entschlossener gegen Palästinenser vorgehen, die sich (wie angeblich auch der Attentäter) mit dem IS identifizieren. IS-Anhänger sollen verstärkt in sogenannte Administrativhaft genommen werden. Diese erlaubt es, Häftlinge für jeweils verlängerbare Zeiträume von sechs Monaten ohne offizielle Anklage festzuhalten. Menschenrechtler haben diese Praxis immer wieder scharf kritisiert.

Russische Beileidsbekundung, französischer Beistand

Der russische Präsident Wladimir Putin sprach Netanjahu unterdessen sein Beileid aus, wie die Agentur Tass meldete. Frankreichs Präsident versicherte den Opfern und ihren Angehörigen seinen Beistand. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte den Anschlag aufs Schärfste. "Wir stehen in diesen schweren Stunden an der Seite unserer israelischen Freunde", sagte er nach Angaben des Auswärtigen Amtes. "Der Terrorismus bedroht uns alle gemeinsam."

Auch die US-Regierung reagierte bestürzt. "Solche feigen Aktionen können niemals gerechtfertigt sein", erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Ned Price. Zugleich bot er Israel die "volle Unterstützung" der USA bei den Ermittlungen an.

Armon Hanaziv

Armon Hanaziv liegt in dem 1967 von Israel eroberten Teil Jerusalems. Die Palästinenser beanspruchen das Gebiet als Teil einer künftigen Hauptstadt für sich. Israel sieht jedoch ganz Jerusalem als seine "ewige, unteilbare Hauptstadt". In dem Stadtteil war es seit Beginn der neuen Gewaltwelle im Herbst 2015 immer wieder zu Anschlägen gekommen.

(APA/dpa/AFP/red.)

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